Praxisbeispiel

Aktiv bewegt und gesund durch den Alltag

zu sehen ist eine Gruppe von Kindern, die auf einem Auto stehen, welches auf einem Gehsteig parkt
"Kinder gegen Gehsteigparker" (c) Gesunde Gemeinde Kleinzell im Mühlkreis
Praxisbeispiel_Aktiv bewegt
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LAND / BUNDESLAND
Oberösterreich
DAUER
1.1.2020 – 30.6.2022

Projektbeschreibung

Das Projekt „Aktiv bewegt“ hatte zum Ziel die aktive Mobilität in drei oberösterreichischen Pilotgemeinden zu fördern und einen Beteiligungsprozess zu entwickeln, der in andere Gemeinden transferierbar ist. „Aktiv bewegt“ fördert Gehen und Radeln im Alltag, Gesundheit und Begegnung in Gemeinden und stärkt durch Beteiligung, Bewusstseinsbildung sowie infrastrukturelle Maßnahmen die aktive Mobilität der Bewohner:innen in der Lebenswelt Gemeinde.

Anlass und Hintergrund

Das Bewegungsverhalten der Bevölkerung in österreichischen Gemeinden hat sich über die letzten Jahre und Jahrzehnte gravierend verändert. Zwei Drittel der Wege entfallen auf den motorisierten Individualverkehr, nur 15% der Wege werden zu Fuß und nur 5% der Wege werden mit dem Rad zurückgelegt. Viele der mit dem PKW zurückgelegten Wege sind kürzer als 5 km.

Die SPES Zukunftsakademie initiierte gemeinsam mit den drei Gemeinden Aigen-Schlägl, Kleinzell im Mühlkreis und Kremsmünster den Beteiligungsprozess zur Förderung der aktiven Mobilität und reichte das Projekt erfolgreich bei einem Fördercall des Fonds Gesundes Österreich ein.

Gemeinden sind für die Geh- und Radwege in ihrem Gemeindegebiet zuständig, aber auch für das Ortsentwicklungs- und Mobilitätskonzept. Gemeindepolitik und –verwaltung waren daher zentrale Ansprechpartner, weil sie für eine gute Infrastruktur und gute Rahmenbedingungen sorgen müssen. Betroffen sind auch die Bewohner:innen, die mit ihrem Mobilitätsverhalten Gesundheitsbelastungen durch den Individualverkehr verstärken oder reduzieren können. Schulen, Elternvereine, Sportvereine, Senior:innenverbände, Gesunde Gemeinde, Umweltgruppen waren weitere wichtige Akteure im Projekt, die im Sinne einer kommunalen Gesundheitsförderung eingebunden wurden.

Ziel(e)

  1. Gesundheit durch aktive Mobilität fördern: Förderung der Bewegung, Stärkung der sozialen Kontakte und Begegnungen und Verbesserung der Rahmenbedingungen und der Infrastruktur im kommunalen Setting.
  2. Empowerment und Partizipation der Bevölkerung: insbesondere Befähigung und Stärkung der Zielgruppen; Beteiligung in allen Projektphasen.
  3. Vernetzung und Kooperation der Akteure in der Gemeinde und intersektorale Zusammenarbeit auf allen Ebenen.
  4. Verbreitung und Nachhaltigkeit: Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung in den Gemeinden, Verbreitung über Transfer in andere Gemeinden.

Prozessdesign und Ablauf

Aktivierende Befragungen: Rund 45 aktivierende Gespräche und 450 Fragebögen online/schriftlich lieferten konkrete Ideen zur Förderung aktiver Mobilität im Alltag in den Gemeinden und aktivierten interessierte Personen.

Gründung des Kernteams: Aktive Kernteams in 3 Pilotgemeinden wurden gegründet und waren verantwortlich für die Projektplanung und Umsetzung.

Infrastrukturelle Maßnahmen, Verbreitung: Alte Wege und neue Wege wurden mit Bewohner:innen identifiziert, begangen und befahren und zu einem Wegenetz verbunden. Notwendige Maßnahmen wurden mittels Maßnahmenplan gelistet und priorisiert. Erste Maßnahmen wie Mehrzweckstreifen, Fahrbahnteiler, Heckenschnitt usw. wurden auch rasch umgesetzt. Die Wege wurden teilweise beschildert und attraktiver gestaltet, z. B. mit Bänken, Spielelementen oder Wahl der schönsten Plätze, die im Ortsplan zusätzlich präsentiert werden.

Die Verbreitung erfolgte sowohl digital auf der Gemeinde-Homepage und über die Gem2Go App als auch in Print durch neue Ortspläne mit den eingezeichneten Alltagswegen.

Bewusstseinsbildung und Schulungen:

  • Problematiken wie das Verparken von Gehsteigen wurden aufgezeigt, z. B. durch die Aktion gegen Gehsteigparker:innen der Volksschulkinder in Kleinzell im Mühlkreis.
  • Aktivitäten entlang der Wege, um Routen besser kennenzulernen, wurden geplant und umgesetzt: Bewegungsrallye, Schnitzeljagd, Familienwanderung Kleinzeller Runde, Outdoor-Spiele bei Bänken.
  • Aktionen mit den Schulen wurden durchgeführt: Mittelschüler:innen begehen und dokumentieren per Video die Schulwege für die VS-Kinder, Schüler:innen bemalen Verbindungsweg zwischen Marktplatz und Parkplatz, Sammelpass für gehende Schüler:innen, Sternwanderungen der Volksschule, Schüler:innen gestalten Plakate für bewusstseinsbildende Kampagne in der Gemeinde.
  • Aktivierung und Neubewerbung der sicher bewegt-Elternhaltestellen
  • Feste z. B. zu alten Bewegungsspielen, Kinder-Bewegungsolympiade in der Volksschule, Bewegungsfeste mit Impulsvorträgen zu Bewegung und Gesundheit, Aktivitäten der Vereine und Information über Alltagswege.
  • Geh-Aktionen für Senior:innen, Kirchgeher:innen, Zugezogene
  • Radtrainings für spezifische Zielgruppen wie E-Bike-Fahrsicherheitstraining für Senior:innen, Radworkshops für Kinder.
  • Teilnahme der Gemeinden an der Kampagne OÖ Radelt, Klima-Planspiel in Kremsmünster uvm.

Vernetzung und Kooperation: In den Gemeinden wurde die Vernetzung der Akteur:innen initiiert und gestärkt. Wesentlich waren die Kernteams – zusammengesetzt aus Politik, Verwaltung und Bürger:innen – sowie die Vernetzung mit den Schulen, Elternvereinen, Sportvereinen, Senior:innenverbänden, den Arbeitskreisen zur Gesunden Gemeinde und mit Umweltgruppen.

Projektpartner waren das Klimabündnis Oberösterreich und der Verein NEUZeit – Kompetenzwerkstatt für Gesundheitsförderung sowie die RIS GmbH mit der Gemeinde-App Gem2Go.

Ergebnisse des Beteiligungsprozesses

In den Gemeinden wurden die Alltagswege ausgearbeitet, begangen und befahren, Verbindungen geschaffen und somit ein Wegenetz für den Alltag entwickelt. Die Wege wurden wie in Kleinzell beschildert, mit Bänken und einer Bewegungsralley für Familien gestaltet. In Kremsmünster wurde ein Ortsplan mit Alltagswegen und einer Mobilitätsspinne entwickelt, die die Distanzen zwischen den Knotenpunkten ausweist. In Aigen-Schlägl wurden die Schulwege durch Schüler:innen dokumentiert, Alltagwege auf Barrierefreiheit geprüft, das Ortszentrum mit dem Rad befahren und ebenfalls ein Ortsplan mit Alltagswegen und Mobilitätsspinne veröffentlicht. Notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur wurden in Maßnahmenplänen oder Mobilitätskonzepten festgehalten. In den Gemeinden wurden 60 Initiativen für die Förderung Aktiver Mobilität umgesetzt. Es wurden Mobilitätsbeauftragte ernannt bzw. ein Mobilitätsausschuss eingerichtet. Das Modell wurde in eine 4. Gemeinde erfolgreich transferiert.

Warum es sinnvoll war, mit Beteiligung zu arbeiten

Die Beteiligung der Menschen vor Ort war wesentlich für das Gelingen des Projektes. Die Menschen vor Ort sind die Expert:innen für ihre Gemeinde. Sie kennen die Wege, die Abkürzungen, die Mängel und Bedarfe. Durch die Beteiligung entstanden die Wegenetze der Alltagsrouten, die Mobilitätsspinne und zahlreiche weitere Aktivitäten.

Wenn Kinder und Jugendliche aus dem eigenen Ort sich über Aktionen und Kampagnen für die Mitgestaltung ihrer Wege und für gesunde Mobilität einsetzen, ist die Wirksamkeit höher: Sie beschäftigen sich mit dem eigenen Mobilitätsverhalten – z. B. mit ihrem Weg zur Schule oder zum Fußballtraining – und gleichzeitig werden sie in der Bevölkerung stärker als Akteur:innen wahrgenommen.

Erfahrungen zum Weitergeben / Lessons learned

In den drei Pilot-Gemeinden wurden Kernteams eingerichtet, in denen engagierte Bürger:innen, die Bürgermeister:innen, Ausschussmitglieder und Personen aus der Verwaltung vertreten waren. Mit ihnen wurden alle Beteiligungsschritte und Aktivitäten geplant. Die engagierten Bürger:innen wurden über die aktivierende Befragung zu Beginn des Projektes erreicht. Sie gestalteten in weiterer Folge den Prozess maßgeblich mit und führen die Aktivitäten auch nach Projektende weiter durch.

Verhaltensveränderung geht nicht ohne Verhältnisänderung. Die Verbesserung der Infrastruktur für Aktive Mobilität im Alltag geht Hand in Hand mit Bewusstseinsbildung. Gerade angesichts der Klimakrise müssen Bewohner:innen ihr Lebensumfeld mitgestalten können, damit sie Selbstwirksamkeit und Handlungsfähigkeit erfahren.

Auftraggeber:in

Das Projekt „Aktiv bewegt“ wurde im Rahmen des Fördercalls „Aktive Mobilität – gesund unterwegs“ des Fonds Gesundes Österreich durchgeführt.  Für die Ausrollung des Projektes ist die Beauftragung durch die Gemeinde wesentlich.

Prozessbegleitung und -beratung

SPES Zukunftsakademie

Kosten und Finanzierung

€ 140.000,- für Entwicklung des Beteiligungsprozesses und Begleitung von drei Gemeinden. Finanzierung durch Fonds Gesundes Österreich, Umweltabteilung Land OÖ, Eigenmittel der Gemeinden und des Projektträgers



Ansprechpartner:in

Projektleiterin, SPES Zukunftsakademie

Birgit Appelt

Panoramaweg 1
4553 Schlierbach
07582/82123