Umsetzung der Konvention

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In Österreich erfolgte die Umsetzung der Konvention im Wesentlichen auf Basis von EG- bzw. EU-Richtlinien, die die Anpassung des Gemeinschaftsrechts an die Vorgaben der Aarhus Konvention zum Ziel hatten. Da auch die Europäische Union Vertragspartei der Aarhus Konvention ist, waren entsprechende Anpassungen des EU-Rechts an die Vorgaben der Aarhus Konvention notwendig. Gleichzeitig ist nicht nur die Europäische Union, sondern auch Österreich Vertragspartei, weshalb Österreich die Aarhus Konvention auch außerhalb der unionsrechtlich determinierten Bereiche umsetzen muss. Für Details zu den europäischen Rechtsakten siehe: EU-Rechtsakte zur Umsetzung.

EU-Umsetzungsbericht

Am 7. Mai 2008 veröffentlichte die Europäische Kommission den ersten Bericht zur Umsetzung der Aarhus-Konvention auf EU-Ebene. Mit Februar 2017 hat die Kommission ihren jüngsten Bericht erstellt.
Der Fokus lag dabei insbesondere auf der Gewährleistung des Zugangs zu Gerichten. Darunter fällt vor allem das Recht, einen Rechtsakt (z. B. einen behördlichen Bescheid) vor Gericht überprüfen zu lassen und wirksame Rechtsbehelfe zur Verfügung zu haben. Da dieser Rechtszugang nicht immer gegeben ist, hat die Kommission 2013 einen Bericht zum Umsetzungsstand des Gerichtszugangs in Auftrag gegeben (Darpö-Bericht) und im April 2017 eine Mitteilung dazu erstellt.

Umsetzung in Österreich

Die erste Säule der Aarhus Konvention (Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen über die Umwelt) wurde in Österreich im ersten Schritt durch die Umsetzung der EU-Umweltinformationsrichtlinie umgesetzt. Dazu erfolgte auf Bundesebene 2005 eine Novellierung des Umweltinformationsgesetzes und auf Landesebene entsprechende Novellen der Landesgesetze in den verschiedenen Umweltinformations-, Auskunfts- bzw. Umweltschutzgesetzen.

Die zweite Säule der Aarhus Konvention (Öffentlichkeitsbeteiligung und Partizipation bei bestimmten umweltbezogenen Entscheidungsverfahren) wurde zum einen durch die Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetzes (UVP-G) im Jahr 2004 adressiert, worin durch die Normierung der Parteistellung von Umweltorganisationen zu einer effektiven Beteiligung der Öffentlichkeit beigetragen wird. Seitdem wurde das UVP-G mehrmals novelliert, zuletzt im Jahr 2023. Dabei wurden die Beteiligungsrechte sukzessive erweitert. Zuletzt wurde das Beschwerderecht von Bürger:inneninitiativen auch bei einfachen UVP-Verfahren gesetzlich verankert. Gleichzeitig erfolgte im Rahmen der letzten Novellierungen auch eine teilweise Verschlechterung der effektiven Öffentlichkeitsbeteiligung bei Umweltverfahren – so wurde etwa 2018 eine Mitgliederbeschränkung bei Umweltorganisationen sowie deren regelmäßige Überprüfung eingeführt.
Zum anderen wurde im Jahr 2018 auf Bundesebene das „Aarhus-Beteiligungsgesetz“ verabschiedet, mit dem im Bereich Abfallwirtschaft, Immissionsschutz und Wasserrecht die Verfahrensbeteiligung sowie der Zugang zu Gerichten für Umweltorganisationen gesetzlich verankert wurde. Weitere Anpassungen erfolgten unter anderem im Bundesgesetz über mineralische Rohstoffe (MinroG) und in der Gewerbeordnung (GewO). Im Bereich des Naturschutzes erfolgte auf Bundesländer-Ebene eine Reihe an Aarhus-Novellen seit dem Jahr 2018.

Zudem wurde hinsichtlich der dritten Säule der Aarhus Konvention (Rechtsschutz gegen Handlungen und Unterlassungen) die EU-Umwelthaftungsrichtlinie durch das Bundes-Umwelthaftungsgesetz (B-UGH) sowie entsprechende Gesetze auf Landesebene umgesetzt.

Generell gilt, dass insbesondere die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die Umsetzung der Öffentlichkeitsbeteiligung sowie den Rechtsschutz in Österreich vorangetrieben hat – etwa durch seine Entscheidungen zu Janecek (EuGH 25.7.2008, C-237/07), Braunbär II (EuGH 8.11.2016, C-243/15) und Protect (EuGH 20.12.2017, C-664/15). Dadurch waren der österreichische Gesetzgeber und der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) sowie die Verwaltungsgerichte gezwungen, die Parteistellung von Umweltschutzorganisationen bei Vorhaben mit potenziell erheblichen Umweltauswirkungen (z. B. in UVP-, Naturschutz- und Wasserrechtsverfahren) anzuerkennen. So stellte der VwGH mit Referenz auf die EuGH-Judikatur zur Aarhus Konvention in seiner Entscheidung „Salzburg Luft“ erstmals fest, dass anerkannte Umweltorganisationen in Österreich Zugang zu Gericht haben müssen – auch in Bezug auf das Luftreinhaltungsrecht (VwGH 19.2.2018, Ra 2015/07/0074). Mit einer weiteren Entscheidung im Dezember 2019 stellt der VwGH klar, dass anerkannten Umweltorganisationen auch in Forstverfahren mit unionsrechtlichem Bezug Parteistellung zu gewähren ist (VwGH 20.12.2019, Ra 2018/10/0010). Ein weiterer Meilenstein war die Erkenntnis des VwGH im Artenschutz, dass anerkannte Umweltorganisationen auch an behördlichen Verfahren zur Erlassung von Verordnungen beteiligt werden müssen, wenn diese in unionsrechtlich geschützte Arten eingreifen, und ihnen auch ein Antragsrecht auf Überprüfung solcher Verordnungen eingeräumt werden muss (VwGH 13.6.2023, Ra 2021/10/0162).

Derzeit beschränkt sich die Umsetzung der Aarhus Konvention in Österreich im Wesentlichen auf das Unionsrecht. Eine vollständige Umsetzung der Öffentlichkeitsbeteiligung und des Zugangs zu Gerichten hinsichtlich sämtlicher umweltrechtlich relevanter Bereiche, die auch außerhalb des durch EU-Recht geschützten Bereichs liegen, ist nach wie vor ausständig.