Praxisbeispiel

Schüler:innen-Haushalt Vorarlberg

Sieben Jugendliche halten ein Schild auf dem "Schüler*innenHaushalt" geschrieben steht
Planungsteam eines Schüler:innenhaushalts 2024/25 (c) MS Höchst
Praxisbeispiel_SchülerInnenhaushalt Vorarlberg
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LAND / BUNDESLAND
Österreich/ Vorarlberg
DAUER
Ein Schuljahr (seit 2022/23 jährliche Wiederholung)

Projektbeschreibung

Der Schüler:innen-Haushalt ermöglicht Schüler:innen, Demokratie praktisch zu erleben: Mit einem Budget von 3.000 Euro pro Schule entscheiden sie selbst über Verbesserungen ihres Schulalltags – von der Ideenfindung bis zur Umsetzung. Das Projekt fördert Mitbestimmung, Teamarbeit und Selbstwirksamkeit und wird im Schuljahr 2025/26 erneut an fünf Mittelschulen in Vorarlberg umgesetzt. Durch hohe Wahlbeteiligung und sichtbare Ergebnisse stärkt es demokratische Kompetenzen nachhaltig.

Anlass und Hintergrund

Der Schüler:innen-Haushalt wurde vom Land Vorarlberg initiiert, um Demokratiebildung im schulischen Alltag erlebbar zu machen. Das Projekt richtet sich an Schüler:innen der Mittelschulen, ihre Lehrpersonen, Schulleitungen sowie Gemeindevertreter:innen. Ausgehend vom Ziel, politische Bildung, Mitbestimmung und Selbstwirksamkeit junger Menschen zu stärken, wurde das Beteiligungsformat gemeinsam mit der Prozessbegleitung DIALOGPLUS in Vorarlberg etabliert. Nach einem erfolgreichen Pilotprojekt 2022/23 startete 2024/25 der Regelbetrieb an fünf Mittelschulen. Der Rahmen bildet die landesweite Strategie für Kinder- und Jugendbeteiligung, Demokratiekompetenzen frühzeitig zu fördern und Partizipation als festen Bestandteil schulischer Bildung zu verankern.

Ziel(e)

Der Schüler:innen-Haushalt hat zum Ziel, demokratische Kompetenzen junger Menschen zu fördern und sie zu befähigen, Verantwortung für ihr unmittelbares Umfeld zu übernehmen. Durch die aktive Mitgestaltung ihres Schulalltags erleben Schüler:innen demokratische Entscheidungsprozesse konkret und nachvollziehbar – von der Ideensammlung bis zur Umsetzung. Das Projekt stärkt Teamarbeit, Selbstwirksamkeit und Gemeinschaftssinn, vermittelt Grundlagen politischer Bildung und trägt dazu bei, Partizipation als festen Bestandteil schulischer Kultur zu verankern.

Prozessdesign und Ablauf

Der Schüler:innen-Haushalt folgt einem klar strukturierten, demokratischen Beteiligungsprozess, der innerhalb eines Schuljahres umgesetzt wird. Nach einer landesweiten Ausschreibung für Mittelschulen können sich interessierte Schulen um die Teilnahme bewerben. An jeder ausgewählten Schule bildet sich ein Planungsteam aus sechs bis zwölf Schüler:innen, das den gesamten Prozess gemeinsam mit ein bis zwei Begleitpersonen aus dem Lehrkörper oder der Schulsozialarbeit organisiert.

Der Ablauf umfasst fünf zentrale Phasen:

1.

Bekanntmachung:

Vorstellung des Projekts an der Schule.

2.

Ideensammlung:

Alle Schüler:innen können Vorschläge zur Verbesserung des Schulumfelds einbringen.

3.

Ideenprüfung:

Das Planungsteam prüft die Vorschläge auf rechtliche, organisatorische und finanzielle Umsetzbarkeit.

4.

Wahlkampf und Wahl:

Die Schüler:innen werben für ihre Ideen, anschließend erfolgt eine geheime Wahl mit Wahlkabinen und Stimmzetteln.

5.

Umsetzung:

Die gewählten Projekte werden mit dem Budget von 3.000 € realisiert.

Weitere Informationen zu den Prozessschritten sind folgender Broschüre zu entnehmen.

Begleitet wird der Prozess von DIALOGPLUS durch Coaching, Materialien und regelmäßige Zwischenstandsgespräche. Eine Wirkungsmessung am Ende des Schuljahres liefert Erkenntnisse für die Weiterentwicklung.

Ergebnisse und (erste) Umsetzungen

Der Schüler:innen-Haushalt hat gezeigt, dass junge Menschen mit großem Engagement Verantwortung übernehmen und ihre Schule aktiv mitgestalten. Im Schuljahr 2024/25 nahmen rund 2.000 Schüler:innen aus fünf Mittelschulen teil, die Wahlbeteiligung lag bei rund 94 %. In allen Schulen wurden die gewählten Projekte innerhalb des Schuljahres umgesetzt – darunter Chill-Zonen, Bewegungsangebote, Kioske oder Lern- und Rückzugsbereiche.

Die Jugendlichen erlebten dabei unmittelbar, wie ihre Entscheidungen Wirkung entfalten, was ihr Demokratieverständnis und ihr Selbstbewusstsein stärkte. Lehrpersonen und Schulleitungen berichteten von einem spürbar stärkeren Gemeinschaftsgefühl und einer positiven Schulatmosphäre. Die Wirkungsmessung bestätigte die hohe Akzeptanz und den nachhaltigen Lerneffekt des Projekts.

Der Schüler*innen-Haushalt Vorarlberg 2024/25 wurde für den ÖGUT-Umweltpreis 2025 in der Kategorie „Partizipation und zivilgesellschaftliches Engagement – Top Down“ nominiert.

Vier Jugendliche sitzen auf Sitzsäcken auf einer Wiese
Beispiel eines umgesetzten Projekts, Schüler:innenhaushalt 2024/25 (c) MS Höchst

Warum es sinnvoll war, mit Beteiligung zu arbeiten

Die Beteiligung der Schüler:innen war der zentrale Erfolgsfaktor des Projekts. Durch die echte Mitentscheidung über ein reales Budget entstand ein hohes Maß an Motivation, Verantwortung und Identifikation mit der Schule. Die Schüler:innen lernten demokratische Prozesse praktisch kennen und erfuhren, dass ihre Stimme zählt – ein prägendes Erlebnis politischer Bildung und Selbstwirksamkeit.

Für die Schulen brachte der Beteiligungsprozess eine Stärkung des Gemeinschaftsgefühls, eine positive Veränderung der Schulkultur und neue Kommunikationswege zwischen Schüler:innen, Lehrpersonen und Schulleitung. Für das Land Vorarlberg als Auftraggeber zeigte sich der Mehrwert in der nachhaltigen Förderung demokratischer Kompetenzen, der hohen Reichweite und der Vorbildwirkung des Projekts für andere Bildungs- und Beteiligungsinitiativen.

Erfahrungen zum Weitergeben / Lessons Learned

Die Umsetzung hat gezeigt, dass Beteiligung an Schulen besonders dann gelingt, wenn klare Strukturen, zeitliche Planung und engagierte Begleitpersonen vorhanden sind. Entscheidend ist, den Prozess frühzeitig im Schuljahr zu starten und die Umsetzung der gewählten Projekte noch im selben Jahr abzuschließen – so erleben Schüler:innen unmittelbar die Wirkung ihrer Entscheidungen.

Die externe Prozessbegleitung durch DIALOGPLUS erwies sich als wertvolle Unterstützung, um den Aufwand für Lehrpersonen gering zu halten und die Qualität des Prozesses zu sichern. Eine enge Abstimmung mit Schulleitung und Schulsozialarbeit stärkt die Verankerung im Schulalltag. Wichtig war auch, dass Kommunikation und Sichtbarkeit nach außen – etwa über lokale Medien und Schulkanäle – Motivation und Stolz der Beteiligten zusätzlich fördern. Insgesamt zeigt das Projekt: Beteiligung braucht Raum, Struktur und echte Entscheidungskompetenz, um nachhaltig Wirkung zu entfalten.

Auftraggeber:in

Land Vorarlberg

Prozessbegleitung und -beratung

DIALOGPLUS

Kosten und Finanzierung

Rund 33.000,- Euro finanziert vom Land Vorarlberg

Publikationen und Links zu diesem Verfahren


Ansprechpartner:in

Verwaltungsangestellter

Klemens Vogel-Thaler

Land Vorarlberg
Landhaus, Römerstraße 15
6901
Bregenz
+43 5574 511 22117