Praxisbeispiel

Zukunftshaushalt Werder (Havel)

Werderaner Zukunftshaushalt, (c) Stadt Werder
Werderaner Zukunftshaushalt, (c) Stadt Werder
Werderaner Zukunftshaushalt
127 kB | pdf
LAND / BUNDESLAND
Brandenburg, Deutschland
DAUER
zweijährlich seit 2020

Projektbeschreibung

Der Werderaner Zukunftshaushalt ist eine besondere Form des Bürgerhaushaltes (vergleiche dazu die in Österreich üblichere Methode(nbezeichnung) Bürger:innenbudget) . Alle Bürger:innen können Projektideen einreichen und Kinder und Jugendliche entscheiden am Ende, welche Projekte umgesetzt werden. Wahlberechtigt sind dabei Schüler:innen ab der 4. Klasse. Das Wahlverfahren wird in Zusammenarbeit mit den Schulen umgesetzt und das Wahlergebnis gilt als bindend. In Abhängigkeit der Haushaltslage stellt die Stadt Werder (Havel), Deutschland, ein Budget von bis zu 200.000 Euro für die Projekte aus dem Zukunftshaushalt zur Verfügung.

Anlass und Hintergrund

Zur Stärkung der Kinder- und Jugendbeteiligung in Werder wurde der Beschluss zur Durchführung eines Bürgerhaushaltes zum Konzept des Zukunftshaushaltes weiterentwickelt. In diesen Prozess waren die Stadtverordneten, das Kompetenzzentrum Kinder- und Jugendbeteiligung Brandenburg sowie die Schulen eingebunden. Der Beschluss der Stadtverordneten wurde 2020 gefasst und bildet eine wichtige Säule für die Durchführung des Beteiligungsprozesses.

Ziel(e)

Stärkung und dauerhafte Verankerung der Kinder- und Jugendbeteiligung in der Stadt Werder.

Prozessdesign und Ablauf

Das Auswahlverfahren des Zukunftshaushaltes gliedert sich in vier Phasen. Während der ersten Phase können Bürger:innen, unabhängig ihres Alters, Projektideen für Werder (Havel) einbringen. Neben der Möglichkeit, dies postalisch oder über unsere Online-Beteiligungsplattform Adhocracy+ zu tun, kommen auch aufsuchende Formate zum Einsatz. Beim Auswahlverfahren im Jahr 2022 gab es eine Auftaktveranstaltung, bei der gemeinsam (umsetzbare) Ideen entwickelt werden konnten. Für Kinder und Jugendliche hat die Stadt mit dem Kompetenzzentrum Kinder- und Jugendbeteiligung Brandenburg einen Zukunftsworkshop im Jugendclub veranstaltet. Ferner wurde auch der Senior:innenbeirat aktiv über die Möglichkeit der Einreichung von Vorschlägen informiert.

In der zweiten Phase prüft die Verwaltung alle eingereichten Vorschläge nach festgelegten Kriterien wie Umsetzbarkeit durch die Stadt oder einen Verein, maximale Kosten pro Vorschlag und Zugänglichkeit für alle Bürger:innen. Die Liste mit den zugelassenen Vorschlägen erhalten die Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung. Per Beschluss können einzelne Vorschläge ausgeschlossen werden.

Die dritte Phase („Diskussionsphase“) beginnt mit einem Losverfahren. 100 zufällig aus dem Melderegister geloste Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren werden angeschrieben und in den „Zukunftsrat“ eingeladen. Der Zukunftsrat befasst sich in zwei Sitzungen intensiv mit den zugelassenen Vorschlägen und bereitet die Wahl an den Schulen vor. Er vertritt die Interessen der Kinder und Jugendlichen und berät die Stadt zum Beispiel, was die Werbung für die Wahl oder eine für alle verständliche Formulierung der Vorschläge in den Wahlunterlagen anbelangt. 

Mit den Schulen wird in der vierten Phase der Ablauf der Wahl individuell besprochen und Unterstützung angeboten. Bei den vergangenen beiden Verfahren um den Zukunftshaushalt haben bis zu 1700 Schüler:innen bei den Wahlen mitgemacht.

Nach Umsetzung der Wahl erfolgt die Abholung der Stimmzettel. Gemeinsam mit dem Zukunftsrat zählt die Stadt die abgegebenen Stimmen aus und stellt das Ergebnis fest. Insofern Kinder und Jugendliche aus dem Zukunftsrat interessiert sind und sich dazu bereiterklären, übergeben sie bei der nächsten öffentlichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung das Ergebnis symbolisch an die Bürgermeisterin.

Die Umsetzung der gewählten Vorschläge soll schnellstmöglich beginnen. Die Einreicher:innen werden bei Abstimmungsbedarf in die Planung und Umsetzung einbezogen.

Ergebnisse des Beteiligungsprozesses

Die Ergebnisse des Zukunftshaushaltes werden in den umgesetzten und in den noch umzusetzenden Projekten sichtbar. So wurden beispielsweise eine Outdoor-Fitnessanlage, eine Calisthenicsanlage, ein E-Sports-Turnier, eine Graffitiwand, die Erneuerung eines Bolzplatzbelages und ein Projekt mit dem Titel „Labor Digitales Gestalten“ umgesetzt.

Warum es sinnvoll war, mit Beteiligung zu arbeiten

Der Zukunftshaushalt bietet Kindern und Jugendlichen vor Ort ein Lernfeld der Demokratie. Sie erleben, dass ihre Entscheidungen Wirkung zeigen und haben zugleich erste Berührungspunkte mit dem Zusammenspiel zwischen Verwaltung, Politik und Gesellschaft auf kommunaler Ebene. Für die Kommune sind die Meinungen der Kinder und Jugendlichen zukunftsweisend und geben Aufschluss über die Prioritäten der jungen Generation. Nach den ersten Erfahrungen aus dem Zukunftshaushalt wurde in Werder (Havel) die Gründung eines Kinder- und Jugendbeirates angestoßen.

Erfahrungen zum Weitergeben / Lessons learned

Zusammenarbeit spielt eine Schlüsselrolle: Nur mit Unterstützung – zum Beispiel die der Schulen bei der Wahl – lässt sich ein breit angelegtes Beteiligungsverfahren durchführen. Der Rückhalt auf politischer Ebene ist ein weiterer unverzichtbarer Punkt. Mut zu haben und offen dafür zu sein, Aufgaben an Kinder und Jugendliche abzugeben, fördern die Selbstwirksamkeitserfahrung auf allen Seiten.

Auftraggeber:in

Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Werder (Havel)

Prozessbegleitung und -beratung

Kompetenzzentrum Kinder- und Jugendbeteiligung Brandenburg (KiJuBB)

Kosten und Finanzierung

Finanzierung der gewählten Projekte aus dem städtischen Haushalt (Ansatz in den Jahren 2020 und 2022 = 200.000 Euro)



Ansprechpartner:in

Zukunftshaushalt

Stadt Werder

Eisenbahnstraße 13/14, 14542 Stadt Werder (Havel), Deutschland