Praxisbeispiel

Öffentliche Vor-Ort-Sanierungsberatung

ÖGUT: Öffentliche Vor-Ort-Sanierungsberatung in Kirchham
ÖGUT: Öffentliche Vor-Ort-Sanierungsberatung in Kirchham
Öffentliche Vor-Ort-Sanierungsberatung
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LAND / BUNDESLAND
Österreich/ Baden bei Wien (Niederösterreich), Kirchham bei Vorchdorf (Oberösterreich), Mödling (Niederösterreich), Gmunden (Oberösterreich), Velden (Kärnten)
DAUER
Konzeption und Durchführung zwischen 12/2021 und 06/2022, seither laufend Folgeprojekte

Projektbeschreibung

Die ÖGUT hat 2022 in zwei Pilotgemeinden (Kirchham bei Vorchdorf, Baden bei Wien) Öffentliche Vor-Ort-Sanierungsberatungen als Dialogveranstaltungen durchgeführt. Die Gemeinden identifizierten jeweils einen Einfamilienhaus-Besitzer, der zu öffentlicher Beratung bereit war, und luden zu der Veranstaltung ein. Die ÖGUT stellte eine/n Energieberater:in bereit und moderierte den Dialog vor Ort. Aktuell wird das Format im Rahmen des klimaaktiv-Gebäude-Programms weitergeführt.

Teilnehmer:innen Öffentliche Vor-Ort-Sanierungsberatung in Kirchham, Oberösterreich, Foto © Gerhard Bayer, ÖGUT

Anlass und Hintergrund

Bis 2040 soll der Gebäudebestand in Österreich dekarbonisiert werden. Dafür müssen die Gebäudeeigentümer:innen ihre Heizungen auf erneuerbare Energiequellen umstellen. Gleichzeitig bedarf es einer maßgeblichen Effizienzsteigerung durch umfassende thermisch-energetische Sanierungen. Die Sanierungsrate lag in Österreich bis 2021 über viele Jahre konstant niedrig bei rund 1,5% des Bestands (für 2022 sind noch keine Zahlen bekannt). Um die Klimaziele zu erreichen, muss die Sanierungsrate laut Expert:innen auf zumindest 2,5% – besser 3% – gesteigert werden.

Ein Teilbereich – die Sanierung des Einfamilienhaus(EFH)-Bestands – ist dabei eine Herausforderung, bei der Gemeinden eine Schlüsselposition einnehmen. Zwar sind sie nur für ihre eigenen Gebäude in der Umsetzungsverantwortung, aber sie haben einen sehr guten Überblick über den gesamten Gebäudebestand auf Gemeindegebiet. Die Gemeinden haben einen „direkten Draht“ zu den Gebäudebesitzer:innen und kennen deren Beweggründe und Handlungsmöglichkeiten.

Die ÖGUT wurde vom BMK (Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) beauftragt, geeignete Veranstaltungsformate mit und in Gemeinden zu entwickeln, welche die energetische Sanierung von Einfamilienhäusern unterstützen. Im Rahmen dieses Auftrags wurden die „Öffentlichen Vor-Ort-Sanierungsberatungen“ konzipiert und in den Gemeinden Baden bei Wien (Niederösterreich) und Kirchham bei Vorchdorf (Oberösterreich) erstmals durchgeführt.

Ziel(e)

  • Bewusstsein schaffen für Sanierung und Dekarbonisierung
  • Steigerung der Einfamilienhaus-Sanierungsrate
  • Wissenstransfer/ Bilden von „Communities of Practice“ auf Zeit zum Thema Sanierung und Dekarbonisierung von Gebäuden in Gemeinden
  • Aktivierung der EFH-Besitzer:innen

Prozessdesign und Ablauf

  • Sondierungsgespräch mit Gemeindeverantwortlichen auf Initiative der ÖGUT: Status quo und Bedarf klären, Ablauf Sanierungsdialog und Teilnehmer:innenkreis festlegen
  • Finden sanierungsbereiter EFH-Besitzer:innen durch die Gemeinde: Bereitschaft für Sanierung und öffentliche Beratung klären. Energieberater:in finden (ÖGUT)
  • Private Sanierungsberatung vor Ort (ca. 1 ½ h): Unterlagen (Energieausweis etc.) werden vorab eingeholt, Hausbegehung vor Öffentlicher Beratung
  • Öffentliche Vor-Ort-Sanierungsberatung (ca. 2h): Sanierungs- und Energieberatung direkt vor dem Objekt. Teilnehmer:innen: EFH-Besitzer:innen, Bevölkerung, Nachbarn, Vertreter:innen der Gemeinde. Methode: Moderierter Dialog.
  • Schriftliche Zusammenfassung der Ergebnisse: Nachliefern von Infos bei Bedarf (z. B. zu Fördermöglichkeiten, Details zu Good-Practice-Beispielen etc.)

Ergebnisse des Beteiligungsprozesses

Die Sanierungsdialoge bzw. -beratungen wurden in beiden Gemeinden von allen Beteiligten als sehr bereichernd (und wiederholenswert) erlebt. Das Format kommt dem gegenwärtig sehr hohen Informationsbedarf der Bevölkerung und der Vertreter:innen von Gemeindepolitik und -verwaltung in geeigneter Weise entgegen.

Warum es sinnvoll war, mit Beteiligung zu arbeiten

Energieberatungen begannen mit Ausbruch des Angriffskriegs auf die Ukraine und der damit verbundenen Energiekrise zu boomen. Die hohen Preise für Gas und Strom bewirken in der Bevölkerung ein enorm hohes Interesse an alternativen Energieversorgungsmöglichkeiten und damit verbunden auch am Thema Sanierung. Die Öffentlichen Vor-Ort-Sanierungsberatungen setzen daher folgerichtig bei der ersten Stufe von Partizipation – der Information – an und tragen dazu bei, in Gemeinden Lerngemeinschaften zu Sanierung und Dekarbonisierung zu initiieren und zu bilden.

Erfahrungen zum Weitergeben / Lessons learned

Gerade in Sachen Energie- und Wärmewende gilt es zuvorderst für uns alle viel zu lernen: Was bedeutet „Raus aus Öl und Gas“ ganz praktisch? Wie funktionieren Wärmepumpen und welche Variante ist für das jeweilige Haus die geeignetste? Was bedeutet Geothermie? Welche Formen von Biomasse-Heizungen gibt es?

Wir halten es für wichtig, gerade bei diesem Thema bzw. in diesem Anwendungsfeld die erste Stufe von Beteiligung – nämlich Information – vorrangig ernstzunehmen und Settings zu schaffen, in denen Basis-Informationen zu klimafreundlicher Energie- und Wärmeversorgung dialogisch vermittelt werden.

Auftraggeber:in

Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK)

Prozessbegleitung und -beratung

ÖGUT – Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik



Ansprechpartner:in

ÖGUT Partizipation/Innovatives Bauen

Mag.a Barbara Ruhsmann

Hollandstraße 10/46, 1020 Wien
+43 1 315 63 93-15