Praxisbeispiel

Klimafitte Lerchenfelder Straße – Planen im Dialog

Menschen spazieren auf der Straße
Belebte Straße ©STADTpsychologie

Projektbeschreibung

Die Lerchenfelder Straße verbindet die Zweierlinie mit dem Gürtel und den 7. mit dem 8. Bezirk. Viele Geschäfte, Lokale, Traditions- und Handwerksbetriebe säumen die Straße und sorgen für einen lebendigen Mix. Jetzt soll die Lerchenfelder Straße „klimafit“ werden: Mehr Bäume, Schatten und Begrünung sollen der sommerlichen Überhitzung entgegenwirken. Dazu wurde eine partizipative Vorgehensweise –  PLANEN im DIALOG – gewählt. „Das Besondere am Projekt Klimafitte Lerchenfelder Straße ist, dass Beteiligung und Planung von Anfang an zusammen gedacht werden und diese Verschränkung bis zum Bauende aufrecht bleibt.“ (Dr. Cornelia Ehmayer-Rosinak)

Anlass und Hintergrund

Klimafit bedeutet mehr als nur Bäume pflanzen, es bedeutet auch, dass die Menschen ihre Straße weiterhin gerne als attraktive Wohnumgebung nutzen. Die Stadt Wien und die beiden Bezirke Neubau und Josefstadt entschieden sich deshalb für eine partizipative Planung. Die STADTpsychologie ist seit 2022 für die Projektsteuerung zuständig. Sie setzt gemeinsam mit der Gebietsbetreuung Stadterneuerung und dem Büro Lebendige Lerchenfelder Straße dieses spannende Projekt um. 

Pflastersteine mit Gras dazwischen
©STADTpsychologie.

Ziel(e)

Ziel der partizipativen Planung einer klimafitten Lerchenfelder Straße ist, den Charakter der Lerchenfelder Straße beizubehalten und die Identifikation der Menschen mit „ihrer“ Straße zu steigern. Der besondere Charakter der Lerchenfelder Straße ergibt sich dadurch, dass es viele kleine Geschäfte und Lokale gibt, wo auch die Betreiber:innen mit der Straße sehr verbunden sind. Hier trifft sich die Nachbarschaft und weniger Tourist:innen. Vielleicht könnte man sie auch als eine der „wienerischsten“ Einkaufsstraßen bezeichnen.

Prozessdesign und Ablauf

Im Vorfeld wurde erstmals ein umfassendes Prozess-Design erarbeitet und mit den zuständigen Fachdienststellen der Stadt Wien abgestimmt. In diesem finden sich projektrelevante Rahmenbedingungen ebenso wie die partizipative Vorgehensweise für die kommenden Jahre.

  • Im Februar 2022 startete das Projekt (gbstern.at/lerche-neu) offiziell mit einem Medientermin, bei dem sowohl die zuständigen Stadträtinnen als auch die beiden Bezirksvorsteher anwesend waren.
  • Im April 2022 begann die Sozialräumliche Erhebung (SRE) mit einer planerischen Analyse des Umfelds sowie Beobachtungen „wer nutzt den öffentlichen Raum und wofür?“.
  • Im Mai 2022 führte das Projektteam qualitative Straßeninterviews und sprach mit den Menschen über ihre Anliegen zur Zukunft der Lerchenfelder Straße. 468 Personen gaben auf der Straße, 99 weitere in Geschäften ihre Ideen und Vorschläge bekannt.
  • Mittels online-Fragebogen haben weitere 130 Personen ihre Anliegen übermittelt und 14 weitere haben sich per Mail an uns gewandt.
  • In den Sommermonaten gab es mehrere Aktionen im öffentlichen Raum, wie z.B. Flohmärkte und botanische Spaziergänge.
  • Öffentlich moderierte Dialogforen: Im September 2022 wurden die Ergebnisse der Sozialräumlichen Erhebung und der qualitativen Interviews bei zwei Dialogforen, je eines in der Josefstadt und Neubau, vorgestellt und mit den rund 70 Anwesenden diskutiert.
  • 3wöchige Info-Ausstellung mit Expertengesprächen: Für alle jene, die zu den Dialogforen nicht kommen konnten, stand das Projektteam das Team der Lebendigen Lerchenfelder Straße an drei Tagen pro Wochen für Gespräche und Auskunft zur Verfügung.
  • Die Ergebnisse sowohl aus der Erhebung, aber auch aus den mit den Menschen geführten Diskussionen, werden in den Bericht einfließen Der Bericht wird einerseits veröffentlicht und dient den Planungsabteilungen als Grundlage für die Ausschreibung eines Planungsbüros.
Prozessablauf: Erhebung + Dialogforen + Entwurfsplanung + Visualisierung
Prozessablauf (c) STADTpsychologie, gbstern

Ergebnisse des Beteiligungsprozesses

Die Ergebnisse der Befragung stehen bereits zur Verfügung. Kurz gesagt, waren die drei großen Themen für die klimafitte Lerchenfelder Straße aus der Sicht der Befragten: „Mehr Begrünung“, „mehr Bäume“ und „Verkehrsberuhigung“. Besonders stört die Menschen, das „Verkehrsaufkommen“, der damit einhergehende „Lärm“ und die „mangelnde Fahrradinfrastruktur“. Besonders gut gefallen hingegen die „vielen kleinen Geschäfte und die vielfältigen Lokale“, der „Ceija-Stojka-Platz“ vor der Kirche Altlerchenfeld sowie die „gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr“.

Erfahrungen zum Weitergeben / Lessons learned

Planen im Dialog soll kein Experiment sein, sondern es braucht ein fundiertes Wissen, wie mit komplexen Prozessen umzugehen ist.

Die richtige Methode zur richtigen Zeit – was macht einen qualitativ hochwertigen Planungsprozess aus? Für ein Ergebnis, mit dem möglichst viele Beteiligte zufrieden sind, ist Zeit ein wichtiger Faktor: es braucht Zeit, damit die Information zu den Menschen gelangt, es braucht Zeit die Anliegen abzuholen und es braucht Zeit, entsprechende Gestaltungsvorschläge zu diskutieren. Auf der anderen Seite braucht auch die Verwaltung Zeit, um alle Abläufe so zu gestalten, damit sie rechtskonform bleiben. Letztlich braucht es Zeit, damit sich alle Beteiligten gut an die geplanten und realisierten Veränderungen gewöhnen. Deswegen sind für das Projekt Klimafitte Lerchenfelder Straße mehrere Jahre eingeplant.

Das qualitative Straßeninterview als zentrale Einstiegsmethode. Im Projekt Klimafitte Lerchenfelder Straße starteten wir mit qualitativen Leitfaden-Interviews. Dadurch konnten wir möglichst alle unterschiedlichen Nutzerinnen und Nutzer der Lerchenfelder Straße erreichen. Sowohl bei der Erstellung des Leitfadens als auch bei der Auswertung der Daten wurde auf wissenschaftliche Methoden, wie beispielsweise die Grounded Theory (Glaser und Strauss, 1996) oder die „Aktivierende Stadtdiagnose“ (Ehmayer, 2014, 2016) zurückgegriffen. Interviewtechniken sind Methoden, die erlernt werden müssen und niemals beliebig sein dürfen.

Auftraggeber:in

Stadt Wien, MA18 – im Auftrag der Bezirksvorstehungen Neubau und Josefstadt

Prozessbegleitung und -beratung

STADTpsychologie – Dr. Cornelia Ehmayer-Rosinak

Kosten und Finanzierung

Genaue Kosten liegen nicht vor, da es eine Kooperation von drei Organisationen, der STADTpsychologie, dem Treffpunkt Lerchenfeld und der Gebietsbetreuung Stadterneuerung ist. Die jährlichen Kosten für die Projektsteuerung und das Schnittstellenmanagement betragen 40.000,- Euro. Alles gemeinsam genommen, wird auf ca. 100.000,- Euro jährlich geschätzt.



Ansprechpartner:in

Projektsteuerung und Schnittstellenmanagement

Dr. Cornelia Ehmayer-Rosinak

STADTpsychologie – ehmayer.rosinak
Weimarer Straße 3/21
1180 Wien
www.stadtpsychologie.at
+43 699 17103636