Praxisbeispiel

Grazer Bürger:innenbudget

Logo und Hintergrundbild Grazer Bürgerinnenbudget
Grazer Bürger:innenbudget, Copyright: Stadt Graz, Referat für Bürger:innenbeteiligung
Praxisbeispiel_GrazerBürgerInnenbudget
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LAND / BUNDESLAND
Steiermark
DAUER
März 2021 - Juni 2021 (Ideensammlung und Abstimmung
ab Juli 2021 Beginn der Umsetzung

Projektbeschreibung

Beim Grazer Bürger:innenbudget 2021 waren gute Ideen der Grazer:innen gefragt, die die Stadt noch lebenswerter machen. Über die Plattform www.mitgestalten.graz.at  wurde ein mehrstufiger Beteiligungsprozess angeboten, bei dem die Teilnehmer:innen Ideen einbringen und nach fachlicher Prüfung durch die Verwaltung in zwei Abstimmungen selbst über die Umsetzung entscheiden konnten. Die bestgereihten Ideen der Bürger:innen werden von der Stadt Graz innerhalb von 2 Jahren mit € 510.000 umgesetzt.

Anlass und Hintergrund

Die Stadt Graz bekennt sich zur Bürger:innenbeteiligung als wesentlichen Beitrag zur Demokratisierung im Stadtleben, insbesondere auch zur Weiterentwicklung und Verbesserung städtischer Vorhaben sowie als Impulsgeber für neue Ideen.

Vor diesem Hintergrund arbeiteten Mitglieder des Beirates für Bürger:innenbeteiligung zusammen mit Vertreter:innen verschiedener Disziplinen der Verwaltung und mit zwei Bezirksvorstehern in einem kooperativen Prozess an der Entwicklung eines Bürger:innenbudget-Modells. In der Steuerungsgruppe des Projektes waren zusätzlich Vertreter:innen aller Gemeinderatsparteien aktiv und die Leitungsebene der Verwaltung. In der Arbeitsgruppe wurden Bürger:innenbudget-Beispiele europäischer Kommunen – insbesondere von Kommunen vergleichbarer Größe – gesichtet und diskutiert. Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe aus dem Analyse- und dem Diskussionsprozess von Mai bis Oktober 2019 mündeten in einen einstimmigen Umsetzungsbeschluss und Projektauftrag des Gemeinderates im Februar 2020. Durch den Ausbruch der Corona Pandemie verschob sich der für Herbst 2020 geplante Projektstart auf das Jahr 2021.

Ziel(e)

Ziel war es, mit dem Grazer Bürger:innenbudget eine transparente und verlässliche Systematik für das Einbringen von neuen Ideen durch Bürger:innen unabhängig von städtischen Vorhaben (bottom up) anzubieten. Das Bürger:innenbudget sollte von möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern als attraktives Angebot zur Kommunikation und Kooperation mit der Stadt wahrgenommen werden und als neue interessante Möglichkeit zur Entscheidungssetzung durch Bürger:innen.

Prozessdesign und Ablauf

Es sollte ein möglichst niederschwelliger Zugang zum Bürger:innenbudget angeboten werden mit der Möglichkeit, Ideen sowohl digital, als auch analog per Post einzubringen. Die ursprünglich im Prozessdesign vorgesehenen Präsenzveranstaltungen waren aufgrund der Planungsunsicherheit in der Corona-Pandemie nicht durchführbar. Umso wichtiger war während des gesamten Bürger:innenbudget-Prozesses die Online-Plattform www.mitgestalten.graz.at, auf der die Ideen digital eingebracht, kommentiert und in den Abstimmungsphasen bewertet werden konnten. Im Sinne größtmöglicher Transparenz waren die Ideen im gesamten Prozessverlauf mit den Stellungnahmen der Verwaltung und Abstimmungsergebnissen auf der Projekthomepage einsehbar, dies galt auch für Ideen die im Grob- oder Detailcheck ausgeschieden waren oder die nicht unter die beliebtesten 30 Ideen gewählt wurden.

Die Projekthomepage war auch die zentrale Informationsquelle über den Ablauf des gesamten Bürger:innenbudget-Prozesses und über die Kriterien, die die Ideen erfüllen mussten.

Ablaufdiagramm mit 6 Phasen

Ergebnisse des Beteiligungsprozesses

In der fünfwöchigen Ideenphase sind 432 Ideen eingereicht worden. 244 haben den Grobcheck (erste Verwaltungsprüfung) durch die Fachabteilungen nicht bestanden: Die häufigsten Gründe für das Ausscheiden waren, dass Ideen eindeutig über der Kostenobergrenze von € 100.000,- lagen (83 Ideen), dass Ideen bereits laufende Vorhaben der Stadt zum Inhalt hatten (56 Ideen) oder gar nicht in der Zuständigkeit der Stadt umsetzbar waren (45 Ideen). 190 Ideen konnten von Bürger:innen in der ersten Abstimmung bewertet werden. Aus der Detailprüfung durch die Fachabteilungen kamen 28 Ideen in die finale Abstimmung.

Nachdem sich auch in vielen Ideen der Bürger:innen der Klimaschutzgedanke widerspiegelte, wurde auf Empfehlung des Fachbeirates für Klimaschutz ein „Klimaschutz-Sonderpreis“ für klimawirksame Projekte unter den bestgereihten Ideen mit zusätzlichen € 210.000,- ins Leben gerufen. Mit diesem Sonderpreis belaufen sich die Umsetzungsmittel für Ideen nach der Reihung der Bürger:innen auf insgesamt € 510.000,-.

Auf www.mitgestalten.graz.at sind alle eingebrachten Ideen –Sieger:innenideen und ausgeschiedene Ideen – vollständig einsehbar mit den Stellungnahmen der Fachabteilungen. Mit Gemeinderatsbeschluss vom 08. Juli 2021 wurde die Umsetzung der 7 Sieger:innenideen durch die jeweils zuständigen Fachabteilungen beauftragt und die Umsetzung soll innerhalb von 2 Jahre ab dem Umsetzungsbeschluss erfolgen.

16.600 Votings wurden in den beiden Abstimmungsrunden abgegeben und über 2.680 Bürger:innen haben sich auf der neuen Plattform www.mitgestalten.graz.at  beteiligt und aktiv beim ersten Grazer Bürger:innenbudget mitgemacht. Über 30.000 Besucher:innen mit insgesamt 156.800 Seitenaufrufen konnte die neue Beteiligungsplattform mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von über 5 Minuten pro User im Zeitraum März bis Ende Juni 2021 verzeichnen. 

Erfahrungen zum Weitergeben / Lessons learned

  • Die ursprünglich im Prozessdesign vorgesehenen Präsenzveranstaltungen coronabedingt nicht durchführbar. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass Präsenzveranstaltungen insbesondere in der Phase der Ideensammlung gut geeignet sind, um fachliche Inputs und Beratung durch die Verwaltung in der Ideenentwicklung anbieten zu können und auch den Austausch zwischen Ideengeber:innen zu fördern.
  • Im Administrationsbereich (Backend) der Projekthomepage konnten die Ideen den zuständigen Fachabteilungen zugewiesen werden, Bearbeitungsfristen konnten gesetzt werden und Stellungnahmen konnten verwaltet werden. Diese Funktionen erwiesen sich angesichts der großen Anzahl der eingereichten Ideen als sehr vorteilhaft.
  • Eine weitere Erkenntnis aus dem Prozessverlauf war, dass bei der Online-Registrierung ein Mittelweg zwischen einfach und sicher gefunden werden muss. Eine Registrierung ist zwar erforderlich, um eine missbräuchliche Mehrfachnutzung insbesondere bei einer Online-Abstimmung auszuschließen, die Registrierung sollte jedoch möglichst nutzer:innenfreundlich sein. 

Auftraggeber:in

Stadt Graz

Prozessbegleitung und -beratung

Referat für Bürger:innenbeteiligung, Stadt Graz. Für die Online Beteiligungsplattform: Werdenktwas GmbH

Kosten und Finanzierung

Stadt Graz



Ansprechpartner:in

Projektleitung, Referatsleitung

Wolf-Timo Köhler

Stadt Graz
Stadtbaudirektion – Referat für Bürger:innenbeteiligung
Hauptplatz
8011 Graz
+43 316 872 3530