Projektbeschreibung
Unter dem Titel „Für ein gutes Klima – Jetzt und in Zukunft“ versammelte sich die Bevölkerung von St. Stefan-Afiesl im Herbst 2024 zu einer Klimakonferenz, in der Maßnahmen zur Reduktion der Energieverbräuche und Treibhausgasemissionen erarbeitet wurden. Im Vorfeld wurden die zugehörigen Daten erhoben und Reduktionsmaßnahmen geprüft, die im Verantwortungsbereich der Gemeinde bzw. der Bevölkerung liegen. Es wurden von Expert:innen erste Vorschläge zur Reduktion der Energieverbräuche ausgearbeitet und Vertreter:innen aus Gemeindepolitik und -verwaltung sowie der Bevölkerung vorgelegt. Im Rahmen der Klimakonferenz wurden die Vorschläge diskutiert und weiterentwickelt. Das Ergebnis war ein Klima-Manifest, das nicht nur die künftige klimapolitische Ausrichtung von St. Stefan-Afiesl bestimmt, sondern gleichzeitig Orientierung und Handlungsleitfaden für alle Bewohner:innen der Gemeinde sein kann.
Anlass und Hintergrund
Die Gemeinde St. Stefan-Afiesl ist Mitglied beim Verein „Zukunftsorte“, einer Plattform von 15 innovativen österreichischen Gemeinden, die sich als Vorreiterinnen in der kommunalen Entwicklung begreifen. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, Bürger:innen bei der Erarbeitung und Umsetzung von Klimaschutz-Maßnahmen vermehrt zu involvieren. Der Obmann der „Zukunftsorte„, Alfred Mayr, ist gleichzeitig Bürgermeister der Gemeinde St. Stefan-Afiesl und erarbeitete gemeinsam mit der Firma ÖGUT das Konzept für eine datenbasierte Klimakonferenz, welche als potenzielles Pilotprojekt für weitere „Zukunftsorte„ dienen sollte.
Ziel(e)
Ziel des Projektes war es, in einem partizipativen Prozess herauszufinden, wo die größten Reduktionspotenziale beim Energieverbrauch liegen und konkrete Maßnahmen festzuhalten, die bis 2030 umgesetzt werden können. Dabei lag ein besonderer Fokus auf Maßnahmen, die von den Bürger:innen der Gemeinde mitgetragen werden und die der Gemeinde einen wirtschaftlichen und finanziellen Vorteil verschaffen könnten, sowie auf dem Fortsetzen bereits gesetzter Maßnahmen.
Prozessdesign und Ablauf
Für die datenbasierte Klimakonferenz in St. Stefan-Afiesl wurde ein eigenes Prozessdesign entwickelt. Der Ablauf gliederte sich in folgende Schritte:
- Recherche und Aufbereitung von Daten und Fakten zum Energieverbrauch und den Treibhausgasemissionen der Gemeinde in den Handlungsfeldern Wohnen, Heizen, Alltagsmobilität (PKW-Betrieb und -Erzeugung), Reisen und Ernährung
- Workshop mit Vertreter:innen aus Gemeindepolitik und -verwaltung zur gemeinsamen Erarbeitung des Ablaufdesigns der Klimakonferenz und der Aufbereitung von Daten und Fakten
- Vorbereitung und Durchführung der Klimakonferenz an einem 1 Halbtag
- Dokumentation der Ergebnisse
- Workshop mit Vertreter:innen aus Gemeindepolitik und -verwaltung zur gemeinsamen Erarbeitung nächster Schritte in der Umsetzung des Klima-Manifests
Die gesamte Bevölkerung von St. Stefan-Afiesl wurde zur Klimakonferenz eingeladen und über diverse Kanäle zur Veranstaltung sowie den Ergebnissen der Datenerhebung informiert. Insgesamt nahmen 44 Personen an der Klimakonferenz am Samstag, dem 19. Oktober 2024 teil.
Ergebnisse des Beteiligungsprozesses
Die Datenerhebung im Vorfeld der Klimakonferenz ergab, dass die „größten Brocken“ des Energieverbrauchs in St. Stefan-Afiesl in der Alltagsmobilität und beim Heizen zu finden sind. Pro Haushalt werden dafür im Jahr rund 40.000 Kilowattstunden verbraucht.

Für die Klimakonferenz wurden Thementische zu den einzelnen Handlungsfeldern (Wohnen, Sanieren, Alltagsmobilität, Reisen, Ernährung) sowie ein „Offener Tisch„ vorbereitet. Die Gemeinde nominierte im Vorfeld für jeden Tisch Gastgeber:innen, welche die Diskussion während der zwei Arbeitsphasen moderierten und die Dokumentation auf den vorbereiteten Ernte-Plakaten sicherstellten. Die Teilnehmer:innen ordneten sich je nach persönlichem Interesse den unterschiedlichen Thementischen zu und hatten im Verlauf des Nachmittags einmal die Möglichkeit, den Tisch zu wechseln. Am Ende der beiden Arbeitsphasen in den Kleingruppen an den Tischen waren die Teilnehmer:innen aufgefordert, sich auf Sätze für das Klima-Manifest von St. Stefan-Afiesl zu einigen.

Zum Abschluss der Klimakonferenz lag ein Klimamanifest zu den Handlungsfeldern Wohnen, Sanieren, Alltagsmobilität, Reisen und Ernährung vor. In den jeweiligen Bereichen hatten sich die Bewohner:innen von St. Stefan-Afiesl auf konkrete Maßnahmen zu einem verringertem Energieverbrauch bis 2030 geeinigt.
Wohnen: Wir in St. Stefan-Afiesl steigen bis 2030 auf erneuerbare Energien um, indem wir bis 2030 jährlich 8 Dächer mit neuen PV-Anlagen ausstatten und dadurch, dass wir Verbraucher:innen bis 2030 motivieren, Strom und Energie dann zu verbrauchen, wenn sie zur Verfügung steht (Tarifmodelle).
Sanieren: Wir in St. Stefan-Afiesl verringern unseren Energieverbrauch bis 2030 durch nachhaltige Dämmung, Beleuchtung, Beheizung aller öffentlichen Gebäude und durch Info-Veranstaltungen vor Ort mit Möglichkeit zur weiteren Klima- und Sanierungsberatung.
Alltagsmobilität: Wir in St. Stefan-Afiesl verringern unseren Energieverbrauch bis 2030 indem wir eine neue Art einer Mitfahrbörse anregen und ins Leben rufen und durch Bewusstseinsbildung von unnötigen Fahrten (Reduzierung der Jahreskilometer um ca. 15%)
Reisen: Wir in St. Stefan-Afiesl verringern unseren Energieverbrauch bis 2030 durch Aufklärung darüber, dass Billigflüge und Pauschalreisen kritisch zu hinterfragen sind und dass Busreisen auch eine Alternative für Familien sind. Des Weiteren durch permanente Abrufbarkeit von Links, Broschüren, Büchern zu nachhaltigem Reisen, Vergünstigungen, Busreisen (gde. Homepage, Bücherei, Gemeinde-Aussendungen) und dadurch, dass wir in nächster Zeit versuchen werden, ein Reisebüro, welches nachhaltiges Reisen anbietet, zu einem Vortrag einzuladen.
Ernährung: Wir in St. Stefan-Afiesl verringern unseren Energieverbrauch bis 2030 durch regionales & saisonales Einkaufen im Stefansplatzerl (regionale Angebote annehmen, im Ort kaufen). Vorgeschlagene Marketingmaßnahmen im Stefansplatzerl: mehr vegetarische und vegane Gerichte auf Speisekarte, Resteverwertung aus Nahversorger und Wochenmarkt sowie Anführen von Regionalprodukten auf Speisekarte.
Weiteres: Wir in St. Stefan-Afiesl verringern unseren Energieverbrauch bis 2030 im Bereich öffentliche Gebäude durch entsprechende Analyse und Maßnahmenplanung (Heizung, Dämmung, Beleuchtung) unter Mitarbeit von Gemeinde, Vereine, Pfarre, etc. Weiters durch die Entwicklung innovativer Informationsformate (z. B. Energiespartag, Energie Partys, Energie-Plattform) in der Gemeinde und Netzwerken wie Sanierungsgemeinschaften sowie durch Bewusstseinsbildung und Best Practice in der Gemeinde.
Warum es sinnvoll war, mit Beteiligung zu arbeiten
In Sachen Ortsentwicklung, Klimaschutz und Ressourcenschonung war die Gemeinde St. Stefan-Afiesl bereits in den vergangenen Jahren überaus aktiv. Unter anderem steht mit dem MühlFerdl ein Elektro-Carsharing-Auto für umweltfreundliche Mobilität parat, die Busstation wurde ins Ortszentrum verlegt, um leichter erreichbar zu sein, und als der letzte Nahversorger seine Pforten schloss, bildete sich die Bürgergenossenschaft St. Stefan-Afiesl und errichtete das Stefansplatzerl, welches Gasthaus, Nahversorger und Veranstaltungsraum in einem ist.
Die Analyse der Energieverbräuche in der Gemeinde zeigte, dass der Wirkungsbereich von Politik und Verwaltung insofern seine Grenzen hat, als für die Reduktion des Verbrauchs bei der Alltagsmobilität, beim Wohnen und Heizen das Verhalten der Bevölkerung entscheidend ist. Daher war es wichtig, mit Beteiligung zu arbeiten.

Erfahrungen zum Weitergeben / Lessons Learned
Bisher gibt es wenige Gemeinden und Städte in Österreich, denen es gelingt, gleichzeitig datenbasierte eigene Energie- und Treibhausgasreduktionspläne zu erstellen und gemeinsam mit der Bevölkerung entsprechende Maßnahmen zu Umsetzung zu erarbeiten. Bürger:innenbeteiligung findet oft ohne entsprechende Datengrundlagen statt und umgekehrt findet die Planung von Reduktionspfaden oft ohne Bürger:innen statt. Das Konzept der datenbasierten Klimakonferenz hat sich aus Sicht der Projektverantwortlichen hier sehr bewährt. Es ist durch praktische, auf die konkrete Gemeinde heruntergebrochene Vorschläge zur Energiereduktion gelungen, eine Verbindung zwischen Daten & Fakten und persönlichem Verhalten/ Lebensführung herzustellen. Es wurde auch eine gute Balance von wirklich wirkungsvollen und gleichzeitig machbaren Maßnahmen gefunden.
Auftraggeber:in
Gemeinde St. Stefan-Afiesl, 4170 Oberösterreich
Prozessbegleitung und -beratung
ÖGUT Gesmbh, Hollandstraße 10/46, 1020 Wien
Kosten und Finanzierung
Die Gesamtkosten des Projekts lagen bei € 19.740,- (exkl. Ust). Davon wurden € 10.500,- die Klimafonds Expert:innenpool-Förderung finanziert, € 5.700,- wurden von der Gemeinde finanziert, € 3.540,- wurden von der ÖGUT GesmbH als Eigenleistung eingebracht.
Publikationen und Links zu diesem Verfahren
Links
Downloads zum Thema
Ansprechpartner:in
