Praxisbeispiel

„2029 and Beyond“ – City of Geraldton

2029 and Beyond - City of Geraldton
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LAND / BUNDESLAND
Geraldton-Greenough, Australien
DAUER
November 2009 - Juli 2013

Kurzbeschreibung

Die Region um die Stadt Geraldton wird in den nächsten Jahrzehnten mit großen Veränderungen konfrontiert sein. Aus diesem Grund initiierte die Stadtverwaltung einen umfassenden Beteiligungsprozess, in dem Zivilgesellschaft, Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Industrie Pläne für die nachhaltige Entwicklung der Stadtregion entwickeln. Mit innovativen methodischen Ansätzen wurden die verschiedenen – auch marginalisierte – Zielgruppen angesprochen. Das Projekt hatte zum Ziel, die Fähigkeit und die Bereitschaft zu stärken, gemeinsam die zukünftigen Herausforderungen anzugehen.

Anlass und Hintergrund

Die Region rund um die Stadt Geraldton – mit über 40.000 Einwohnern – in Western Australia steht vor einem tiefgreifenden Veränderungsprozess: traditionelle Sektoren wie Fischerei und Landwirtschaft verlieren an Bedeutung, die Industrie boomt, Hafen und Bahn werden ausgebaut, hochtechnologische Projekte werden in der Region realisiert mit der prognostizierten Folge, dass die Stadtbevölkerung in den nächsten 20 Jahren um mehr als die Hälfte wachsen wird, was tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesellschaft haben könnte. Außerdem gilt die Region als zukünftig besonders vom Klimawandel betroffen.
Die Stadtregierung steht also vor der Frage: Wie können diese Veränderungen ökologisch und sozial verträglich gestaltet werden? Wie kann eine nachhaltige Entwicklung der Region aussehen?

Mit dieser Leitfrage wurden BewohnerInnen der Stadt Geraldton, besonders auch marginalisierte Gruppen, sowie Personen aus Regierung und Industrie eingeladen, gemeinsam eine Vision für eine nachhaltige Stadt zu entwickeln.

Ziel(e)

Der Prozess zielte darauf ab:

  • Durch den breiten inklusiven öffentlichen Diskussionsprozess zu nachhaltiger Regionalentwicklung das demokratische Bewusstsein und die Bereitschaft zu stärken, gemeinsam mit der Stadtregierung an gemeinsam formulierten Zielen zu arbeiten
  • Eine gemeinsame Vision von einer nachhaltigen Entwicklung der Stadt und der Region für die nächsten 20 bis 30 Jahre zu entwerfen und nachhaltige Lösungen für die komplexen zukünftigen Herausforderungen zu entwickeln.

Prozessdesign und Ablauf

Mit dem Projekt sollten breite Allianzen für die Zukunft geschaffen werden. Aus diesem Grund wurde eine Steuerungsgruppe eingerichtet, die Greater Geraldton City Region Alliance Governance Group, die aus VertreterInnen der Regierung, der Industrie, aus NGOs und zufällig ausgewählten BürgerInnen –auch aus der indigenen Bevölkerung – bestand. Die Zufallsauswahl bei den BürgerInnen sollte sicherstellen, dass die in der Bevölkerung vorhandene Vielfalt der Sichtweisen repräsentiert ist.

Um das Interesse am Projekt und das Verständnis für komplexe Sachverhalte zu erhöhen, wurde außerdem mit drei Medien eine Partnerschaft geschlossen: mit der auflagenstärksten Zeitung der Region, dem Geraldton Guardian, mit der Zeitung „Yamaji“ und der Radiostation „Radio Mama“ der indigenen Bevölkerung.

Der Prozess startete im März 2010 und arbeitete mit einem vielfältigen Methodensetting:

  • World Cafés
  • Deliberative Befragungen 
  • Online Diskussionen (civic evolution)
  • Soziale Medien 
  • Planspiele / Citizen Choicework 
  • 21st Century Town Hall Meetings

Es wurden auch einige innovative Ansätze speziell für diesen Prozess entwickelt:

  • Zentrales Element des Beteiligungsprozesses war ein Team von 43 freiwilligen „Community Champions“, die per Zeitungsinserat aus der lokalen Wohnbevölkerung rekrutiert wurden. Die „Community Champions“ aus unterschiedlichen Communities und divers hinsichtlich ihres Hintergrunds, Alters etc. zusammengesetzt, wurden geschult, um in ihren Communities, Stadtvierteln etc. Beteiligungsveranstaltungen im World Cafe-Format durchzuführen. Aus diesen Veranstaltungen resultierten Empfehlungen für die langfristige Entwicklung, aber auch für kurzfristige Projekte, sogenannte „quick wins“, die von der Stadtregierung gleich in Angriff genommen werden konnten. 
  • In einer deliberativen Befragung, bei der der Fragebogen an 3000 zufällig ausgewählte BürgerInnen geschickt wurde, wurde erforscht, in welchen Bereichen die Menschen mehr Nachhaltigkeit unterstützen würden und bis zu welchem Ausmaß sie zu Verhaltensänderungen bereit sind. Zur weiteren Vertiefung wurde im Anschluss an die schriftliche Befragung mit den BürgerInnen ein eintägiges 21st Century Town Hall Meeting durchgeführt. 
  • Spezielle Formate wurden entwickelt, um die indigene – 17% der Gesamtbevölkerung – und die nicht-englischsprachige Bevölkerung einzubinden: z.B. kleine Gruppendiskussionen angeleitet von Schlüsselpersonen, unmittelbare politische Reaktion und prioritäre Umsetzung.
  • Für die Beteiligung Jugendlicher wurden Social Media eingesetzt und eine spezielle Plattform eingerichtet, wo selbstorganisierte Teams spielerisch Lösungen für verschiedene Probleme erarbeiten; die Software erlaubte es den ForscherInnen, die Stimmung unter den SpielerInnen mit zu beobachten.

Die geplante Entwicklung einer deliberativen Community rund um komplexe Themen der Nachhaltigkeitwurde vom „Australian Research Council“ wissenschaftlich begleitet und untersucht. Insgesamt waren 4.000 Personen an dem Projekt beteiligt und 30.000 wurden über die Aktivitäten des Projekts informiert.

Ergebnisse des Beteiligungsprozesses

Die zentralen Ergebnisse des Projekts sind:

  • Die Bevölkerung unterstützt – für die Stadtregierung überraschend – das Ziel, eine CO2-neutrale Stadt zu werden
  • Weitere nachhaltigkeitsorientierte Maßnahmen können nun rascher umgesetzt werden, da im Zuge des Prozesses die lokale Bevölkerung deutlich wurde
  • Hohe Legitimität der umzusetzenden und umgesetzten Maßnahmen
  • Öffentliche Datenbank mit den Ergebnissen der Befragungen
  • Die Stadt Geraldton ist jetzt ein führender Kandidat für die Nationale Energieeffizienz-Initiative als  Smart Grid-Enabled Sustainable City
  • Die Entwicklung des Oakajee-Hafens als Logistik Hub
  • Entwicklung eines Technologie Portals, das mit dem Supercomputing Centre bei iVec verbunden werden kann

Aktivitäten, die aus dem „2029 and Beyond“-Projekt entstanden sind:

  • Why not Wednesday – geh, fahr mit dem Fahrrad, scoot oder skate
  • Chapman River Wildtierkorridor
  • Gemeinschaftsgarten
  • Eine Million Bäume – Baumpflanzaktion
  • MAOA-Projekt (MAOA = Midwest Aboriginal Organisations Alliance)

Finanzierung

  • City of Geraldton-Greenough
  • Australian Research Council
  • Curtin University Sustainability Policy (CUSP) Institute
  • Government of Western Australia (Mid West Development Commission)
  • Government of Western Australia (Department of Planning)