Methode

RAUM.WERTmethode

ANZAHL DER BETEILIGTEN
Größere Gruppen (ab ca. 30 Personen)
DAUER DER DURCHFÜHRUNG
Einige Wochen
Einige Monate
STUFE DER BETEILIGUNG
Konsultation
Mitbestimmung
FORM DER BETEILIGUNG
Analog
ZWECK DER DURCHFÜHRUNG
Informieren, Diskussion starten, Gemeinsam planen und entwickeln, Problem / Feld analysieren, Meinungen / Reaktionen einholen, Längerfristig zusammenarbeiten, Aktivieren, Vernetzen, Konflikt lösen
FÜR KONFLIKT GEEIGNET
Ja

Allgemein

Die RAUM.WERTmethode wurde von der Architektin und Mediatorin Ursula Spannberger entwickelt. Sie ist eine partizipative Methode zur Einbindung von architektonischen Laien noch vor der eigentlichen Planung eines Neu- oder Umbaus (in der sogenannten Phase 0) und stellt die Bedürfnisse der Nutzenden eines zukünftigen Gebäudes oder Quartiers in den Mittelpunkt. Sie hilft dabei, verborgene Potenziale von Räumen und Gebäuden aufzudecken und zu maximieren. Durch die Berücksichtigung immaterieller Faktoren wie sozialer Zusammenhalt und Umweltverträglichkeit trägt die RAUM.WERTmethode zur Schaffung nachhaltiger und lebenswerter Räume bei. Das Ergebnis sind gemeinschaftlich erarbeitete räumliche Qualitätenkataloge – als Grundlage für die Planung von Bildungsbauten, öffentlichen Gebäuden, Quartiersentwicklung, Gestaltung öffentlicher Räume und mehr.

Nutzen der RAUM.WERTmethode

Ein RAUM.WERTprozess ermöglicht es, die Bedürfnisse der zukünftigen Nutzenden zu erforschen und als klare und eindeutige Ziele für ein Projekt zu vereinbaren. Durch eine gründliche Analyse in dieser frühen Phase können realistische Budgets festgelegt und mögliche Kostenüberschreitungen vermieden werden. Dabei werden potenzielle Probleme frühzeitig erkannt und adressiert, was das Risiko von teuren Änderungen während späterer Phasen reduziert. Ergebnis eines RAUM.WERTprozesses ist ein räumlicher Qualitätenkatalog mit Raum- und Funktionsprogramm, der als Grundlage für die weitere Planung – egal ob Einzelbeauftragung oder Architekturwettbewerb – dient.

Eingesetzte Methoden

Abgesehen von der für den räumlichen Prozess entwickelten Methode werden folgende Methoden aus der Organisationsentwicklung eingesetzt:

Ablauf

Der Ablauf eines RAUM.WERTprozesses gliedert sich wie folgt:

1.

Auftragsklärung

Zu Beginn des Prozesses steht ein Auftragsklärungsgespräch, aufgrund dessen Ergebnis erst die definitive Willensbekundung zu einer Beauftragung erfolgt. Die Auftraggebenden werden zu Sinn, ihren Rollen, ihrer Vision, den aus ihrer Sicht wichtigen Teilnehmenden und den erforderlichen Schritten befragt. Die bis dahin gesammelten Unterlagen werden an das Moderator:innenteam übergeben, vor Ort wird gemeinsam eine Besichtigung des Geländes und/oder der bestehenden Gebäude durchgeführt.

Beteiligte: Schon beim Auftragsklärungsgespräch ist es begrüßenswert, wenn Vertreter:innen aller beteiligten Gruppen teilnehmen können, egal aus welcher Gruppe die Initiative für den partizipativen Prozess ursprünglich kam.

Das Moderator:innenteam erarbeitet danach eine fachliche Vordiagnose (organisatorisch und räumlich) und bildet eine Reihe von Hypothesen, um sich auf mögliche Ergebnisse der folgenden Workshops und Arbeitsgruppen vorzubereiten. Daran anschließend wird ein Vorschlag für die räumlichen Erfordernisse und den Ablauf des ersten Großgruppenworkshops erarbeitet.

Moderator:innenteam: Das (ideale) Moderator:innenteam für den partizipativen Prozess besteht aus einem mehrfach „gemischten“ Team: Mann – Frau; Fachbereiche Organisationsberatung/Mediation – Fachbereich Architektur

2.

Steuerungsgruppe 1

Der Vorschlag für den Ablauf des ersten Großgruppenworkshops wird der Steuerungsgruppe vorgestellt, von dieser ergänzt und wenn erforderlich korrigiert. Rollen werden verteilt, das Umfeld für den Großgruppenworkshop vorbereitet.

Beteiligte: Auf jeden Fall müssen Vertreter:innen aller beteiligten Gruppen in der Steuerungsgruppe vertreten sein, auch wenn sich dadurch eine Gruppengröße ergibt, die über der üblichen Größe von Steuerungsgruppen für Großgruppenprozesse liegt und in diesem Fall eine Mischform von Steuerungsgruppe und Kerngruppe entsteht.

3.

Großgruppenworkshop 1 | „Diagnose“

Im ersten Großgruppenworkshop werden die 9 RAUM.WERTe, mit denen die räumliche Diagnose des derzeit Vorhandenen erarbeitet wird, vorgestellt. Wenn es sich um ein Neubauvorhaben handelt und zur Zeit des Workshops noch kein zu analysierender Bestandsbau existiert, werden die räumlichen Fähigkeiten der Teilnehmer:innen an ihren bisherigen Arbeits- und Alltagssituationen geschult, überprüft und einander im Plenum vorgestellt.

Die 9 RAUM.WERTE:

  • RW1 – nachvollziehbare Funktionszusammenhänge
  • RW2 – Orientierung | Übersichtlichkeit
  • RW3 – Raumangebot und Raumqualität
  • RW4 – Flexibilität | individuelle Entscheidungsmöglichkeiten
  • RW5 – Wegeführung: Weg-Längen und Weg-Qualitäten
  • RW6 – Nähe und Distanz
  • RW7 – Gefühltes Raumklima | Licht – Luft – Farbe – Akustik
  • RW8 – Anziehungspunkte und Verbindungselemente | Markante Orte
  • RW9 – Außenwirkung | Selbstbild – Fremdbild

Verwendetes Setting: Sesselkreis und RAUM.WERTcafé

Beim Diagnoseworkshop ist es nicht zu vermeiden, dass den Teilnehmenden nahe liegende Lösungsvorschläge bereits in den Sinn kommen. Diese werden gewürdigt und können vielfach unter „kleine Experimente“ in den Alltag zwischen den beiden Großgruppenevents einfließen.

Beteiligte der Großgruppenworkshops (Plenum): Im Plenum sind alle Menschen vertreten, die sich für die Zukunft des jeweiligen Gebäudes / Raumes / Stadtteils aktiv einsetzen wollen. Die RAUM.WERTmethode geht davon aus, dass alle Nutzer:innen auch Expert:innen sind, und zwar aufgrund der alltäglichen Anforderungen während ihrer Tätigkeiten – das Handwerkszeug um sich darüber klar zu werden und miteinander auszutauschen, liefert ihnen der Kriterienkatalog der 9 RAUM.WERTE dieser Methode.

Durch die Arbeit im Sesselkreis und in gemischten Kleingruppen, die am Ende des Großgruppenworkshops der Gesamtgruppe ihre jeweiligen Ergebnisse präsentieren, wird das Plenum multi“funktional“, d.h. eigene gesondert arbeitende Arbeitsgruppen sind nicht unbedingt erforderlich.

4.

Steuerungsgruppe 2

In der zweiten Steuerungsgruppe werden die Ergebnisse des DIAGNOSEworkshops beraten und gewürdigt. Mögliche zusätzlich erforderliche und/oder gewünschte Module werden besprochen und beschlossen.

5.

Zwischenphase

Daran anschließend ergänzend und je nach Erfordernis sind prozessbegleitende Workshops zu folgenden Themen möglich:

  • Erläuterung von Darstellungsmethoden – die  Fach-„Sprache“ der Architekt:innen
  • Magie des Raumes – praktische Erforschung von Lieblingsplätzen
  • Exkursionen zu bereits gebauten Best-Practice Modellen
  • Außenraum- und Umfeldanalysen
  • Modellbau – Bestandsmodelle
  • Haus und Energie
  • Wohlfühlmöbelkunde
  • Kleine räumliche Experimente im Bestand
  • Sammeln von Best-Practice Beispielen
  • Workshops zur Organisationsentwicklung

Wenn in dieser Zwischenphase wichtige Ergebnisse gesammelt werden, ist es erforderlich, zur Vorbereitung des zweiten Großgruppenworkshops eine weitere Sitzung der Steuerungsgruppe anzusetzen.

Auf jeden Fall dient die Phase zwischen den beiden Großgruppenworkshops von mindestens 3 – 4 Wochen der Überprüfung der Ergebnisse des ersten Großgruppenworkshops.

6.

Großgruppenworkshop 2 | „VISION“

Der zweite Großgruppenworkshop dient der Erarbeitung der Anforderungen der Nutzer:innen an den Raum. Dabei können noch größere Differenzen in der Sichtweise und den Wünschen der Beteiligten auftreten als bei der Diagnose. Wichtig ist, die subjektive Wahrheit dieser Inputs zu würdigen. Außer der Formulierung der Wünsche anhand der 9 RAUM.WERTe können auch „besondere Anliegen“ von den Nutzer:innen ins Spiel gebracht und von Kleingruppen behandelt werden.

Verwendetes Setting: Sesselkreis und RAUM.WERTcafé oder Open Space Conference

Daran anschließend sammelt und konzentriert das Moderator:innenteam die Inputs und bereitet die Ergebnisse  als Grundlage für die nächste Sitzung der Steuerungsgruppe auf.

7.

Steuerungsgruppe 3

In dieser Sitzung werden die Ergebnisse des zweiten Großgruppenworkshops ausgewertet und abgewogen. Es wird darüber beratschlagt, welche konkurrierenden räumlichen Wünsche und Anforderungen nebeneinander Bestand haben sollen und welche selten genannten und/oder aus dem Rahmen fallenden Wünsche keine Berücksichtigung finden können.

Überprüfung der angedachten räumlichen Lösungen mit  weiteren Fachleuten aus z. B: Raumordnungsbehörde, Baubehörde, Schulbehörde, Arbeitsinspektorat oder sonstigen später für die Erteilung der Baubewilligung oder der Finanzierung benötigter Körperschaften, Landesrat etc.

Daran anschließend erarbeitet das Moderator:innenteam einen Vorschlag für den räumlichen Qualitätenkatalog und des Raum- und Funktionsprogramms anhand der 9 RAUM.WERTe.

8.

Steuerungsgruppe 4

Der erarbeitete Vorschlag des räumlichen Qualitätenkatalogs und des Raum- und Funktionsprogramms wird gemeinsam abschließend überprüft und verabschiedet.

9.

Öffentliche Präsentation

Dieses Ergebnis und die geplante weitere Vorgehensweise wird mit Bildern des Gesamtprozesses in einer öffentlichen Präsentation von den Teilnehmer*innen des partizipativen Prozesses gemeinsam allen Interessierten aus dem weiteren Umfeld präsentiert und kann in einem schriftlichen  Ergebnisbericht festgehalten werden.

Am Ende des RAUM.WERTprozesses liegt ein räumlicher Qualitätenkatalog mit einem Raum- und Funktionsprogramm vor.

Als nächster Schritt erfolgt dann die Planung mittels Direktvergabe oder Wettbewerb.

Weiterführende Informationen