Methode

Projektschmiede (Design for Wiser Action)

ANZAHL DER BETEILIGTEN
Mittlere Gruppen (ca. 15-30 Personen)
Größere Gruppen (ab ca. 30 Personen)
DAUER DER DURCHFÜHRUNG
Weniger als 1 Tag
STUFE DER BETEILIGUNG
Konsultation
FORM DER BETEILIGUNG
Analog
Digital
ZWECK DER DURCHFÜHRUNG
Gemeinsam planen und entwickeln, Problem / Feld analysieren, Meinungen / Reaktionen einholen, Vernetzen
FÜR KONFLIKT GEEIGNET
Nein

Allgemein

Projektschmieden – auf Englisch: Design for Wiser Action – haben das Ziel, an konkreten Projekten bzw. konkreten Projektideen co-kreativ zu arbeiten. Eine Projektschmiede ist ein in 3 bis 4 Phasen strukturierter kollegialer Beratungsprozess, der auf die kollektive Intelligenz der Gruppe zurückgreift. Das Besondere daran: Die diversen und vielfältigen Perspektiven und neuen Denkanstöße, welche die Teilnehmenden einbringen, um die Ideen und Vorhaben der Projektgeber:innen voran zu bringen. Der klar strukturierte Rahmen durch das Hosting-Team sorgt für einen konstruktiven und kreativen Denkraum.

Im Kontext von Bürger:innenbeteiligung kann diese Methode beispielsweise genutzt werden, um Ideen von Bürger:innen und buttom up Initiativen zu unterstützen und in die Umsetzung zu bringen.

Die Methode kommt aus dem Repertoire von Art of Hosting und Harvesting und wurde von Toke Møller entwickelt.

Ablauf

Zu Beginn stellt der/die Projektgeber:in ein Projekt vor, für das er/sie verantwortlich ist, bzw. eine Idee, die er/sie umsetzen möchte. Die anderen Teilnehmenden, nachfolgend Unterstützer:innen genannt, sind anschließend eingeladen, in einem strukturierten und moderierten Prozess von 3-4 Runden entlang von Leitfragen beratend tätig zu werden.

Die Ideen und Erkenntnisse aus den Beratungsrunden werden außerdem strukturiert dokumentiert. Das hilft dem/der Projektgeber:in im Anschluss, die neuen Erkenntnisse zu priorisieren und in die Tat umzusetzen. Die Art of Hosting-Gemeinschaft hat hierfür eine Ernteschablone (auch Canvas genannt) erstellt, die als Vorlage genutzt werden kann.

Konkret gliedert sich der Ablauf in folgende Schritte:

1.

Beginn, Vorstellen der Projekte und des Ablaufs – ca. 30 min

Eine Projektschmiede startet in einem großen Kreis mit allen Teilnehmenden. Nach einem kurzen Check-In, z.B. zu der Frage: „Was motiviert mich heute hier zu sein?„ oder „Welches Talent / Welche Eigenschaft bringe ich heute in diesen Prozess ein?„, werden Setting, Ablauf, Regeln und die verschiedenen Rollen der Anwesenden erklärt. Die verschiedenen Rollen sind: Projektgeber:innen, Unterstützer:innen, Tisch-Hosts (Kleingruppenmoderator:innen) sowie Gesamtmoderation. Die Rollen bleiben während der gesamten Projektschmiede gleich.

Die anwesenden Projektgeber:innen stellen ihr Projekt kurz (!) für alle vor, in der Regeln in max. 3 Minuten. Relevant hierbei ist: Worum geht es? Was ist mein Anliegen an die Gruppe? Welche konkrete Frage bringe ich mit?

Bevor es in die einzelnen Arbeitsphasen geht, stellt die Gesamtmoderation den Ablauf, die Arbeitsweise und den Ernte-Canvas vor.

Nun verteilen sich die Projektgeber:innen im Raum und die Unterstützer:innen ordnen sich nach Interesse und Gruppengröße jeweils einer/m Projektgeber:in zu. Ideal sind 3-5 Unterstützer:innen je Projekt. Jede dieser so entstandenen Kleingruppen wird in den Arbeitsphasen von einem Tisch-Host moderiert. Aufgabe des Tisch-Hosts ist es auch, den/die Projektgeber:in aktiv (emotional) zu begleiten und dafür Sorge zu tragen, dass alle Ideen und Feedback der Unterstützer:innen mit Post-Its auf dem Ernte-Canvas verschriftlicht werden.

2.

Runde 1 – Eintauchen, Kennenlernen, ca. 45 min

Zunächst stellt der/die Projektgeber:in sein/ihr Projekt in ca. 10min vor. Anschließend ist Zeit um Verständnisfragen zu klären und erste Gedanken einzubringen. Leitfragen hierbei sind: Welche Bilder tauchen auf? Was regt mich an, worüber möchte ich mehr erfahren? Was fehlt?

Nach Ende der 1. Runde bleiben die Projektgeber:innen und Tisch-Hosts jeweils sitzen, während die Unterstützer:innen an einen anderen Tisch mit einem für sie neuen Projekt wechseln.

3.

Runde 2 – Entwürfe verfeinern, kritisches Hinterfragen, ca. 30 min

In der zweiten Runde treffen die Projektgeber:innen also auf für sie neue Unterstützer:innen, von denen sie erneut beraten werden. Ziel ist es, noch einmal neue Perspektiven aufzunehmen und ein noch besseres Verständnis für den Sinn und Zweck des Projekts zu bekommen.

Der/die Projektgeber:in stellt kurz (5min) sein/ihr Projekt und das Feedback aus Runde 1 vor, mit dem Fokus: Was ist neu? Und wo gibt es noch offene Fragen?

Nun sind die neuen Unterstützer:innen eingeladen, konstruktives Feedback zu geben sowie kritisch (und wertschätzend!) zu hinterfragen: Was gilt es zu bedenken, wo haben wir Bedenken? Was sehen wir noch? Was steckt dahinter oder darunter?

Am Ende der 2. Runde wechseln die Unterstützer:innen entweder wieder zurück in ihre ursprüngliche Gruppe (wenn die Projektschmiede aus insg. 3 Runden besteht) oder suchen sich erneut ein für sie neues Projekt an einem anderen Tisch (bei insg. 4 Runden).

Bei einer Projektschmiede mit 4 Runden kann Runde 2 auch kürzer sein, z.B. 20 min.

4.

Runde 3 (optional) – Entwürfe verfeinern, kritisches Hinterfragen – ca. 10 min

Diese optionale Runde 3 findet nur statt, wenn die Projektschmiede aus insg. 4 Runden besteht. Andernfalls wird sie weggelassen.

Diese Runde hat im Wesentlichen den gleichen Fokus und die gleichen Leitfragen wie Runde 2, ist jedoch kürzer und damit „knackiger„. Sie ermöglicht zum einen, nochmal mehr neue Perspektiven zu hören, und gibt zum anderen den Projektgeber:innen die Möglichkeit, in der Projektvorstellung das jetzt Wesentliche herauszuarbeiten,  sozusagen den Kern oder auch den Knackpunkt des Projekts.

Der/die Projektgeber:in stellt in nur 1,5 min die sogenannte Espresso-Essenz des Projekts vor, mit Fokus auf: Was ist neu? Und wo gibt es noch offene Fragen?

Nun sind die Unterstützer:innen wie in der Vorrunde eingeladen, konstruktives Feedback zu geben sowie kritisch (und wertschätzend!) zu hinterfragen: Was gilt es zu bedenken, wo haben wir Bedenken? Was sehen wir noch? Was steckt dahinter oder darunter?

Für die nun folgende letzte Runde wechseln die Unterstützer:innen wieder zurück zum/zur Projektgeber:in aus Runde 1.

5.

Runde 4 – Ernten, Verdichten, nächste Schritte benennen, ca. 30 min

In dieser letzten Runde trifft der/die Projektgeber:in wieder auf seine/ihre Unterstützer:innen aus Runde 1.

Der/die Projektgeber:in fasst in 5 Minuten zusammen: Wo stehe ich jetzt? Was hat sich entwickelt? Was ist meine Erkenntnis? Welche Bedenken beschäftigen mich? Wo stehe ich noch an?

Nun können die Unterstützer:innen darauf reagieren und in Resonanz gehen anhand der Leitfragen: Was nehme ich wahr? Was sehe ich, was entsteht? Was gibt’s zu ernten? Außerdem sind die Unterstützer:innen dazu eingeladen, Ressourcen und Kontakte zu benennen, die für den/die Projektgeber:in und das erfolgreiche Voranbringen des Projekts hilfreich sein könnten. Diese werden, wie alle anderen Ideen und Informationen auch, im entsprechenden Feld auf dem Erntetemplate festgehalten.

In den letzten 5 Minuten wird zusammengefasst und nächste Schritte werden benannt: Was ist jetzt zentral? Wo braucht es jetzt Unterstützung? Was sind die konkreten nächsten Schritte?

6.

Abschluss – ca. 20 min

Abschließend treffen sich alle Teilnehmenden wieder im gleichen großen Kreis wie am Anfang. Die Projektgeber:innen bekommen nacheinander die Möglichkeit zu berichten, wie es ihnen im Prozess ergangen ist. Jede/r Projektgeber:in benennt außerdem konkrete nächste Schritte, die er/sie gehen möchte.

Die Projektschmiede endet mit einem kurzen Check-out, z.B. zu der Frage: „Was nehme ich mit aus der Projektschmiede?

Zwischen den Runden sollte mindestens eine größere und/oder mehrere kleine Pausen stattfinden. Diese Pausen kann der/die Projektgeber:in nutzen, um zu reflektieren und für sich das erhaltene Feedback zu sortieren. Hierbei ist es ratsam, dass der Tisch-Host unterstützt.

Organisatorisches

Der Raum sollte groß genug sein, sodass alle Teilnehmenden zum Beginn und zum Schluss in einem Stuhlkreis sitzen können. Die Kleingruppen sollten in den drei bis vier Beratungsrunden ausreichend weit auseinander sitzen können, um sich gegenseitig akustisch nicht zu stören. Gleichzeitig ist es wichtig, dass alle die Gesamtmoderation gut hören können.

Weiters braucht es genügend Tische mit jeweils genügend Stühlen, sodass alle Teilnehmenden in jeder der Runden einen Platz finden. Auf jedem Tisch ist ein Ernte-Canvas platziert (z. B. in Flipchart-Größe) sowie Post-Its und Stifte. Die Post-Its werden von den Teilnehmenden, dem/der Projektgeber:in und/oder dem Tisch-Host beschrieben und auf dem Canvas platziert. Sie können auch im Laufe des Prozesses ergänzt, verschoben oder zueinander in Beziehung gesetzt werden (z. B. mit Pfeilen).

Wird die Projektschmiede online durchgeführt, wird ein Videokonferenztool mit der Funktion „Breakouträume„ sowie ein digitales Visualisierungstool benötigt.

Zu beachten

  • Im Vorfeld empfiehlt es sich, mit den Projektgeber:innen persönlich in Kontakt zu treten. Zum einen um genauer herauszufinden, was ihr Anliegen ist und in welchem Entwicklungsstadium ihr Projekt ist. Zum anderen um die offenen Fragen der – oftmals aufgeregten und unsicheren – Projektgeber:innen zu beantworten und ihnen so Sicherheit zu geben. Dieses Vorgespräch kann entweder von der Gesamtmoderation geführt werden oder auch von dem jeweiligen Tisch-Host, der den/die Projektgeber:in in der Projektschmiede begleiten wird.
  • In den Pausen empfiehlt es sich, dass die Tisch-Hosts kurz mit ihrem/r jeweiligen Projektgeber:in den bisherigen Verlauf reflektieren. Viele Projektgeber:innen berichten, dass es sich während der Projektschmiede für sie so anfühlt, als würde ihr Projekt einmal in alle Einzelteile zerlegt und dann komplett neu zusammengesetzt – ein ganz schön emotionales Unterfangen also. Es lohnt sich, diese Emotionen als Tisch-Host gut aufzufangen und die Projektgeber:innen zu ermutigen, diesen Prozess zuzulassen.
  • Die Unterstützer:innen dürfen jede Art von Expertise einbringen – sowohl ihre berufliche als auch ihre Alltagsexpertise, hier gibt es keine Beschränkungen.

Abwandlungen

  • Abhängig davon, wie viel Zeit zur Verfügung steht, können die Runden länger oder kürzer ausfallen und es können auch variabel Pausen zwischen den Runden hinzugefügt werden. Die einzelnen Runden sollten jedoch nicht zu lang sein, denn ein recht straffer zeitlicher Rahmen fördert Effizienz, Kreativität und den Fokus aufs Wesentliche.
  • Eine mögliche Ergänzung bzw. Abwandlung ist, dass der/die Projektgeber:in sich in der 2. Runde (und auch in der optionalen 3. Runde) umdreht bzw. die Augen schließt und nur zuhört, aber nicht auf das Gesagte reagiert. So stellt er/sie ganz das Projekt in die Mitte und nimmt das Feedback nur auf und lässt es wirken ohne darauf zu reagieren.
  • Außerdem kann es hilfreich sein, in den Runden 2 und 3 jeweils eine Reflexionsminute einzufügen zwischen dem Vorstellen durch den/die Projektgeber:in und dem Feedback der Unterstützer:innen. In dieser Minute haben die Unterstützer:innen die Möglichkeit, ihre Gedanken für sich aufzuschreiben. So können sie anschließend schneller und strukturierter vorgebracht werden.
  • Projektschmieden können auch im digitalen Raum stattfinden. Statt an einem physischen Ort trifft man sich in einem geeigneten Videokonferenztool. Statt an Tischen diskutieren die Teilnehmenden in Breakouträumen. Statt auf Flipcharts wird das Besprochene auf einem digitalen Visualisierungstool festgehalten.

Weiterführende Informationen