Allgemein
Dyaden (griechisch: Dualität, Zweiheit) sind eine besondere Form des Tiefeninterviews: Zwei Teilnehmer:innen setzen sich zusammen und befragen sich gegenseitig anhand eines Fragenkatalogs, der durch die Moderator:in vorgegeben wird. Diese Konstellation ermöglicht eine hohe Intensität der Beziehung und Interaktion. Die Befragten werden herausgefordert, ihre Perspektiven während des Interviews zu ändern und kritisch ihre eigenen Sichtweisen zu betrachten. So ermöglichen es Dyaden Bedürfnisse, Einstellungen oder Widerstände gegenüber bestimmten Werten zu identifizieren und aufzudecken. Auch eignet sich die Methode, um verschiedene Perspektiven und gesellschaftlich meinungsbildende Prozesse auf der Mikroebene aufzuzeigen.
Ablauf
Vorbereitend braucht es, passend zum Thema, eine konkrete Fragestellung bzw. einen Fragenkatalog mit aufeinander aufbauenden Fragen. Ein guter Fragenkatalog ist der entscheidende Faktor für das Gelingen von Dyaden. Die:der Moderator:in sollte die Fragen so formulieren, dass sie nutzbringend für den Prozess sind und das gesamte Potenzial erschließen.
Im Anschluss an eine Präsentation oder Diskussion zu einem kontroversen oder sensiblen Thema, könnten die Fragen zum Beispiel folgendermaßen lauten:
- Wie hat sich dein Verständnis verändert?
- Daraus ableitend: Was sind die neuen kritischen Punkte?
- Daraus ableitend: In welchen Bereichen handelst du noch immer auf eine Art und Weise, die möglicherweise nicht angebracht ist?
- Wie würdest du diese Probleme lösen?
- Welche konkreten Initiativen würden Sinn machen?
- Nenne einen konkreten nächsten Schritt!
- Welche Unterstützung benötigst du um dorthin zu gelangen?
Zunächst werden die Teilnehmer:innen in Zweiergruppen eingeteilt – d.h. eine gerade Anzahl an Teilnehmer:innen ist von Vorteil. Diese zwei Personen interviewen sich gegenseitig und nutzen dabei den gleichen Fragenkatalog in zwei bis vier aufeinander folgenden Runden.
Person 1 stellt Person 2 die erste Frage. Person 2 beantwortet diese Frage nun in 3-5 Minuten. Person 1 hört aktiv zu, darf Person 2 aber nicht unterbrechen. Wenn Person 2 fertig ist, stellt Person 1 die nächste Frage – solang bis alle Fragen des Fragenkatalogs einmal gestellt wurden.
Dann wechseln die Rollen, d.h. Person 2 stellt Person 1 eine Frage nach der anderen.
Dieser Vorgang wird zwei bis vier Mal wiederholt (je nach verfügbarer Zeit), d.h. Person 1 stellt Person 2 erneut die gleichen Fragen.
Das Wiederholen ermöglicht den Teilnehmer:innen erneut eine Ebene tiefer zu kommen. Erst dann wird die eigene Position und die des:der anderen für jeden deutlicher und es kann der erhoffte Perspektivwechsel stattfinden. Dadurch können neue Einsichten und ein tieferes Verständnis der individuellen Werte, Überzeugungen und Bedürfnissen gewonnen werden.
Organisatorisches
Jede Gruppe sollte sich eine ruhige Ecke suchen, in der sie ungestört reden können. Außerdem braucht es Papier und Stifte, um die Fragen zu notieren und um mögliche Ergebnisse festzuhalten. Die:der Moderator:in sollte auf die Zeit achten. Wenn sich die Dyaden selbst moderieren und damit selbst auf die Zeit achten, braucht jede Dyade eine Uhr.
Zu beachten
Besonders wichtig ist, dass die Interviewer:innen gute Zuhörer:innen sind, die nicht bewerten und auch keine Ratschläge geben. Zudem sollten die Interviewer:innen offen und ehrlich sein.
Abwandlungen
- Während Person 2 die Fragen beantwortet, kann Person 1 auch mitschreiben und die Aufzeichnungen nach Ende der Übung Person 2 schenken. Die Mitschrift ist nur für Person 2 und muss mit niemandem geteilt werden. Das macht vor allem dann Sinn, wenn der Fokus auf persönlicher Reflexion liegt oder mit den Ergebnissen zu einem anderen Zeitpunkt weitergearbeitet werden soll.
- Eine Dyade kann auch unkompliziert online stattfinden mithilfe eines Videokonferenztools. Es treffen sich jeweils 2 Personen in einem „privaten Raum“ (auch Breakoutraum genannt). Jede Person braucht eine stabile Internetverbindung sowie eine funktionierende Kamera und Mikrofon.