Anwendungsfeld

Technologiefolgenabschätzung

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Technikfolgenabschätzung, kurz TA, ist ein interdisziplinärer, kommunikativer und interaktiver Prozess, der zur Bildung der öffentlichen und politischen Meinung über die gesellschaftlichen Aspekte von Wissenschaft und Technik beitragen will. TA beobachtet und analysiert Trends in Wissenschaft und Technik bzw. Technologie, die damit zusammenhängenden gesellschaftlichen Entwicklungen und mögliche Folgen von Technikanwendungen, insbesondere Folgewirkungen auf die natürliche und soziale Umwelt. TA soll dazu beitragen, unbeabsichtigte Technikfolgen zu vermeiden.
Zu den Aufgaben der TA gehört es:

  • Techniken und ihre Folgen zu verstehen
  • Chancen und Risiken von Technologien mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden und nachvollziehbarer Kriterien zu bewerten
  • Spezialist:innenmeinungen zu koordinieren
  • Problemlösungen zu erarbeiten
  • Entscheidungsgrundlagen aufzubereiten
  • Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit zu beraten
  • gesellschaftliche Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse zu unterstützen

Da Forschung und Beratung häufig miteinander verbunden sind, spielt auch die Kommunikation der Forschungsergebnisse – optimiert für die jeweiligen Adressaten – eine wichtige Rolle im Prozess der TA.
TA ist als Input für eine Technologiepolitik gedacht, die sich nicht ausschließlich an technischer Machbarkeit und wirtschaftlicher Rationalität orientiert, sondern die darüber hinaus die gesellschaftlichen und ökologischen Wirkungen und die Folgen der Einführung bestimmter Technologien in ihre Entscheidungsprozesse mit einbezieht.

Der Begriff des ‚technology assessment’ – ins Deutsche zumeist übersetzt mit „Technikfolgenabschätzung“, manchmal auch mit „Technikbewertung“ – wurde in den 1960er Jahren in den USA in einer spezifischen Konstellation parlamentarischer Beratungen über Technik geprägt. In den 1970er Jahren fand der Begriff Eingang in die europäischen Debatten über Technik und entsprechende Forschungs- und Beratungsaktivitäten.

TA umfasst auch die Suche nach einer institutionellen Form, wie die Erkenntnisse in den politischen Entscheidungsprozess einfließen können. Staatliche oder öffentlich geförderte Institutionen für TA entstanden in Europa vorwiegend in den 1980er Jahren. Manche TA-Institutionen sind der Legislative angegliedert und unterstützen das Parlament in fachlich komplexen Sachfragen. Auch an universitären und privaten Einrichtungen wird Technikfolgen-Forschung betrieben. Studien zur TA werden oft in staatlichem Auftrag durchgeführt.

Bedeutung von Partizipation im Feld der Technikfolgenabschätzung

Partizipative Technikfolgenabschätzung (PTA) wird meist als Ergänzung von ExpertInnen-TA gesehen, bei der BürgerInnen eine zusätzliche Perspektive einbringen. PTA wird in Europa seit Mitte der 1980er Jahre angewendet. Ziel ist, durch partizipative oder interaktive Prozesse gemeinsam Lösungen zu erarbeiten oder einen Dialog anzuregen; der Fokus liegt auf sozialer Akzeptanz und Akzeptabilität.

Die Prozesse bringen für Entscheidungsträger:innen den Vorteil des Wissensgewinn: Handlungsoptionen werden erarbeitet, Diskussionsforen zum gegenseitigen Austausch und Lernen stehen zur Verfügung. Ein Dialog zwischen Politiker:innen, Expert:innen, Stakeholdern und Bürger:innen wird ermöglicht. Partizipative TA zielt nicht auf Konsens oder Mehrheitsbeschluss, sondern auf eine Entscheidung, die ihre Legitimität auf Verhandlung und Diskussion zurückführt.

Aus Sicht der Technologie- und Innovationspolitik kann die Beteiligung von Bürger:innen an gesellschaftlich relevanten Themen der Forschung mittels Methoden und Instrumenten der TA dazu beitragen, einen Dialog über Innovation, Forschung und Technologieentwicklung zu initiieren. Als Folgen davon können Wissen und Innovation für die Öffentlichkeit leichter zugänglich werden, z. B. dadurch dass im Zuge des Verfahrens fachsprachlich formulierte Aussagen und Erkenntnisse in die Alltagssprache übersetzt werden.

Vorteile von Partizipation als Input von TA werden auch darin gesehen, dass ExpertInnen implizite Werturteile offen legen müssen. Abstrakte „Argumente“ der WissenschafterInnen werden anhand der Wirklichkeitswahrnehmung der BürgerInnen getestet. Partizipation in der TA soll auch zur Überwindung des Glaubwürdigkeitsdefizits von Politik und Wissenschaft beitragen. Die Empfehlung durch Lai:innen kann die Akzeptanz von Öffentlichkeit und Medien heben, kann das Blockadepotential senken und die formal-legistische Umsetzung erleichtern und eine Befolgung ohne Zwang wahrscheinlicher machen. (Quelle: Gunther Tichy, TA und Politik, Einfluss durch die Hintertür?)