Anwendungsfeld

Lokale Agenda 21

©Christian Fürthner

Historische Entwicklung

Im Jahr 1972 wies der „Club of Rome„ in seinem Bericht „Über die Grenzen des Wachstums“ erstmals auf die kritische Situation der Erde in Bezug auf Umweltbelastung und Ressourcenausbeutung hin. Doch es dauerte bis 1992, bis Fragen der Ressourcenverteilung, der nachhaltigen Entwicklung und der Initiierung von nachhaltigem Handeln erstmals bei einer großen internationalen Konferenz diskutiert wurden. Bei der UN Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro standen diese Fragen im Zentrum der Diskussionen. Im Schlussdokument, der Agenda 21, waren sich die VertreterInnen der 179 Nationen darüber einig, dass für nachhaltige Lösungen die wechselseitige Abhängigkeit von Ökonomie, Ökologie und sozialen Aspekten betrachtet werden muss.

Neu an der Agenda 21 war – im Gegensatz zu manchen Dokumenten der UN aus früheren Zeiten – die klare Absage an zentralistische Vorstellungen der Steuerung. Es gibt kein Patentrezept für nachhaltige Entwicklung, konkrete Lösungen müssen vor Ort entstehen, unter Beteiligung aller betroffenen Akteur:innen, der Bevölkerung, der Unternehmen, der Politik und Verwaltung sowie verschiedener NGOs und Institutionen. Dabei gilt es Interessenskonflikte auszuhandeln, Kompromisse zu suchen und neue Wege für ein Miteinander zu finden.

Als weiterführende Konferenz von Rio wurde 1994 in Aalborg die „Europäische Kampagne zukunftsbeständiger Städte und Gemeinden„ ins Leben gerufen. Auf Basis der Agenda 21 von Rio wurde der Aspekt der lokalen Umsetzung detaillierter und konkret für Europa behandelt. Das Abschlussdokument, die Charta von Aalborg, wurde mittlerweile von mehr als 2000 europäischen Gemeinden unterzeichnet, die sich dadurch zur Umsetzung von LA21 Prozessen verpflichtet haben.

Rio Earth Summit 1992

Agenda [was zu tun ist] für das 21. Jahrhundert, um eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Eine zentrale Rolle bei der Umsetzung soll dabei die lokale Ebene, also die Gemeinden und Regionen, einnehmen.

Agenda [was zu tun ist] für das 21. Jahrhundert, um eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Eine zentrale Rolle bei der Umsetzung soll dabei die lokale Ebene, also die Gemeinden und Regionen, einnehmen.

Ablauf eines LA21-Prozesses

Wenn eine Gemeinde oder Region einen LA21 Prozess startet, stehen einige grundsätzliche Veränderungen bevor: Die Gemeinde muss ihre bisherigen Entscheidungshierarchien ein Stück weit verändern und sich auf einen Prozess einlassen, dessen Ergebnis nicht vorhersagbar ist.

Sowohl die politischen Hierarchien als auch Verwaltungsabläufe werden durch den offenen Dialog mit Bevölkerung, lokaler Wirtschaft, NGOs und Institutionen grundlegend verändert. Eine neue Form von Governance tritt an die Stelle klassischer politischer Steuerung. Die bisherige Erfahrung mit LA21 Prozessen hat gezeigt, dass vor allem die Bereiche der Finanzierung der Projekte und der politische Wille kritische Punkte sind. Das ist darauf zurückzuführen, dass durch die stärkere Einbeziehung der Öffentlichkeit Politik Macht abgeben muss. Außerdem müssen auch die Finanzpläne der Gemeinde oder Region zugunsten des Agenda Prozesses angepasst werden.

Aber auch für alle anderen Beteiligten ist die LA21 ein Lernprozess. Bürger:innen, NGOs etc. befinden sich in einer veränderten Rolle, sie können neue Verantwortungen für die Entwicklung ihres Umfeldes übernehmen. Der LA21 Prozess erfordert also eine Kombination von Top-Down und Bottom-Up Strukturen, die transparent und durchlässig für Information sein müssen. LA 21 Prozesse sind so unterschiedlich wie die Gemeinden und Regionen, die sie durchführen. Daher gibt es keinen fixen Ablauf, der alle Prozesse kennzeichnet. Üblicherweise beinhalten LA 21 Prozesse aber folgende idealtypischen Schritte:

  • Strukturen und Bereiche identifizieren, die im Sinne der Zukunftsfähigkeit der Gemeinde oder Region verändert werden sollen. Unterstützend für diese Bestandsaufnahme und Analyse gibt es Kataloge mit Nachhaltigkeitsindikatoren. Diese können auch später zur Erfolgskontrolle herangezogen werden.
  • In Dialog mit Akteur:innen treten. Akteur:innen, die von den identifizierten Themen betroffen und interessiert sind, müssen zur Teilnahme am LA 21 Prozess eingeladen werden. Mit geeigneten Methoden der Partizipation kann die Zusammenarbeit aller Akteur:innen unterstützt werden.
  • Gemeinsam nach Möglichkeiten suchen, die die nachhaltige Entwicklung der Gemeinde oder Region unterstützen. Dabei sollen Interessenskonflikte ausgetragen und tragfähige Kompromisse gefunden werden.
  • Das Umsetzen von erarbeiteten Lösungen zeigt sich oft als große Herausforderung. Meist werden neue Wege beschritten, die in den üblichen politischen und administrativen Vorgänge nicht vorgesehen sind. Verschiedene Kompetenzbereiche sind zu vereinen und die Frage der Finanzierung der Maßnahme ist zu klären.
  • Evaluierung und Erfolgskontrolle sind wesentlich für einen LA21 Prozess, so wie bei anderen Projekten auch.